193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20913<br />
(A) ben wird. Hier wird einseitig den Interessen der Airlines schüssen auch auf Zustimmung der Koalitionsfraktionen (C)<br />
nach Kostenreduzierung nachgeben.<br />
gestoßen ist.<br />
Wir alle aber wissen, dass sich Lohndruck sowohl auf<br />
die Fluktuationsrate als auch auf die Motivation und die<br />
Qualität der Mitarbeiter negativ auswirkt. Sicherheit ist<br />
nicht zum Billigtarif zu leisten und kann nicht alleine<br />
unter Wirtschaftlichkeitsaspekten betrachtet werden.<br />
Dies gilt sowohl für die Effektivität der Kontrollen als<br />
auch für ihren Gegenstand.<br />
Ich halte nichts davon – so wie gefordert –, die Regelung<br />
jetzt auszusetzen im Vertrauen darauf, dass alsbald<br />
entsprechende Techniken zum Aufspüren gefährlicher<br />
Flüssigkeiten zur Verfügung stehen, zumal die Argumentation<br />
in sich widersprüchlich ist. Entweder das Risiko<br />
ist hinnehmbar – dann brauchen wir auch keine<br />
neuen Apparate zu entwickeln, die neue Technikkosten<br />
verursachen –, oder es ist nicht hinnehmbar – dann kann<br />
es auch nicht akzeptiert werden, nur weil entsprechende<br />
Techniken noch nicht zur Verfügung stehen. Deshalb<br />
halte ich den eingeschlagenen Weg auch für sinnvoll, die<br />
technische Entwicklung voranzutreiben, bis zum Jahre<br />
2010 eine Überprüfung der Regelungen zu Flüssigkeiten<br />
im Handgepäck vorzunehmen und dann zu entscheiden.<br />
Darum ist der Antrag zum jetzigen Zeitpunkt abzulehnen.<br />
Kurz und gar nicht gut heißt das: Die Regelung ist ungeeignet<br />
auf der ganzen Linie. Größere Mengen an Flüssigkeit<br />
– wir müssen uns ja auch einmal vergegenwärtigen,<br />
dass es hier nicht darum geht, dass die Reisenden<br />
Fässer mit in die Passagierkabine nehmen, sondern eine<br />
Literflasche – stellen keine größere Gefahr dar als die<br />
heutzutage erlaubten Mengen. Und wirklich gefährliche<br />
Stoffe werden so auch nicht herausgefiltert. Die Regelung,<br />
wonach Flüssigkeiten im Handgepäck nur noch in<br />
Behältern bis 100 Milliliter und in durchsichtigen Plastikbeuteln<br />
mit nicht mehr als einem Liter Fassungsvermögen<br />
mitgeführt werden dürfen, ist daher völlig unverhältnismäßig.<br />
Sie führt nicht zu mehr Sicherheit, aber sie<br />
schränkt Reisende stark ein. Das hat bereits im September<br />
2007 das Europaparlament festgestellt –, in einer<br />
Entschließung übrigens, die hier im Hause in den Aus-<br />
Es ist mir daher völlig unverständlich, warum Sie,<br />
meine sehr geehrten Damen und Herren von Union und<br />
SPD, unseren Antrag ablehnen. Sie weigern sich anzuerkennen,<br />
was offensichtlich ist: Die Regelung bringt<br />
nichts für mehr Sicherheit.<br />
Warum Sie sich dagegen wehren, die Bundesregierung<br />
mit dem klaren Auftrag nach Brüssel zu schicken,<br />
diese unsinnige Regelung zu kippen und sich für verhältnismäßige<br />
Flugsicherheitsbestimmungen einzusetzen, ist<br />
mit Logik nicht zu erklären. Ihre eigenen Vertreterinnen<br />
und Vertreter in Brüssel und Straßburg sehen das anders.<br />
Sie aber wollen die Reisenden auch weiterhin gängeln,<br />
und das, obwohl Sie anerkennen, dass die Entschließung<br />
des Europaparlaments zutreffend ist. Das ist nicht vermittelbar.<br />
Das ist politische Taktiererei, die Sie keinem<br />
Bürger erklären können.<br />
Allein die Mengen an Parfüm, Shampoos oder Getränken,<br />
die seither an den Flughäfen vernichtet wurden,<br />
summieren sich zu erheblichen Größenordnungen – und<br />
erheblichen Werten, denn es handelt sich ja in der Regel<br />
nicht um (Leitungs-)Wasser, sondern auch um teure<br />
Wässerchen.<br />
(B)<br />
Gisela Piltz (FDP): Flugzeuge sind keine Chemielabors.<br />
Und nicht alles, was in Hollywood geht, klappt<br />
auch in der Wirklichkeit. Wir alle kennen das aus<br />
Actionfilmen: Der Schurke kippt einfach zwei kleine<br />
Behälter mit Flüssigkeit zusammen, und schon gibt es<br />
den großen Knall. Die Wirklichkeit – das haben Experten<br />
mehrfach bestätigt – sieht anders aus. Unter Laborbedingungen<br />
ist es natürlich möglich, hochexplosive und<br />
sehr gefährliche Flüssigsprengstoffe herzustellen. Aber<br />
Laborbedingungen heißt: ausreichend Zeit, gleichblei-<br />
Die Bundesregierung hat diese Probleme stets ausgeblendet.<br />
Trotz mehrfacher Nachfragen seitens der FDP-<br />
Fraktion hat sie hier die gebotene Evaluation unterlassen.<br />
Insofern ist es wenigstens erfreulich, dass die EU-<br />
Kommission nunmehr genauere Daten erheben will, wie<br />
sich die Regelungen auswirken, um die Beeinträchtigung<br />
der Reisenden besser bewerten zu können. Es ist<br />
längst überfällig, diese Evaluation durchzuführen und<br />
dann auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, damit<br />
sich alle Bürgerinnen und Bürger ein Bild darüber<br />
machen können, warum sie so gegängelt werden.<br />
(D)<br />
bende Temperaturen, aufwendige Apparaturen. Das alles Ich nenne Ihnen einmal eine Zahl, die die Bundesre-<br />
geht an Bord eines Flugzeugs nicht.<br />
gierung nicht zur Kenntnis nehmen will: 15 bis 18 Ton-<br />
Zugleich gibt es Wissenschaftler, die davor warnen,<br />
dass die geltenden Regelungen nur Scheinsicherheit versprechen.<br />
Schon 50 Milliliter bestimmter Flüssigsprengstoffe,<br />
die äußerlich die Konsistenz von Duschgel haben,<br />
können erheblichen Schaden anrichten. Diese werden<br />
durch die bestehenden Kontrollen gar nicht entdeckt.<br />
nen Flüssigkeiten finden Sicherheitsbeamte allein am<br />
Düsseldorfer Flughafen im Monatsdurchschnitt. 15 bis<br />
18 Tonnen pro Monat, die in den großen Tonnen an den<br />
Terminaleingängen verschwinden! 15 bis 18 Tonnen, das<br />
sind – damit Sie es sich bildlich vorstellen können –<br />
1 500 bis 1 800 Kästen Mineralwasser. Und das ist nur<br />
der Flughafen Düsseldorf.<br />
Die strikten Regeln zum Mitführen von Flüssigkeiten<br />
im Handgepäck sollen nach Überlegungen der EU-Kommission<br />
2010 auslaufen. Bis dahin sollen andere Möglichkeiten<br />
gefunden werden, um gefährliche Flüssigkeiten<br />
aufzuspüren. Wenngleich dies erst einmal eine gute<br />
Nachricht ist, muss nach der aktuellen Diskussion in<br />
Deutschland und Europa befürchtet werden, dass wir<br />
vom Regen in die Traufe kommen. Die Diskussion über<br />
die sogenannten Nacktscanner zeigt, dass eine schlechte<br />
Regelung durch eine noch viel schlechtere ersetzt werden<br />
könnte. Die EU-Kommission will bis 2010 eine genaue<br />
Analyse betreiben, um Alternativen zu den Flugsicherheitsregeln<br />
im Hinblick auf Flüssigkeiten zu<br />
finden. In einem Workshop hierzu wurden auch die sogenannten<br />
Nacktscanner beraten. Auch wenn diese in<br />
der aktuellen Verhandlungsrunde nicht berücksichtigt