193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Dr. Heinrich L. Kolb<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20707<br />
(A) Schließlich – um auch die Skeptiker unter den Versi- – bis auf wenige Ausnahmen von einigen Kollegen – im- (C)<br />
cherten zu beruhigen und zufriedenzustellen – erhalten mer sehr verantwortungsvoll, mit Augenmaß und zu-<br />
die Versicherten und Bestandsrentner mit Entgeltpunkkunftsorientiert geführt wurden.<br />
ten Ost bezüglich der Einmalzahlung ein Wahlrecht. Das<br />
heißt, sie können zum Stichtag erklären, ob ihr Renten-<br />
(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Genau!)<br />
wert auch in der Zukunft nach der geltenden Methode Ein Patentrezept hat niemand in der Schublade – auch<br />
weiterberechnet werden soll. Ich bin mir sehr sicher, dies muss ich am Anfang meiner Rede feststellen –, auch<br />
dass die Versicherten sehr schnell erkennen werden, wenn bestimmte Vorschläge interessante Aspekte enthal-<br />
welch faires Angebot ihnen hiermit vorgelegt wird, und ten, die wir durchaus in die künftige Diskussion einbin-<br />
regelmäßig von diesem Vorschlag Gebrauch machen den sollten.<br />
werden.<br />
(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/<br />
(Beifall bei der FDP – Irmingard Schewe-<br />
DIE GRÜNEN]: Sie meinen bestimmt die<br />
Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und<br />
Grünen-Vorschläge!)<br />
das aus der Kasse der Versicherten!)<br />
Der Anspruch, eine Lösung zu finden, die der Ar-<br />
Meine Damen und Herren, der Sachverständigenrat beitsleistung der Menschen im Osten Deutschlands ge-<br />
hat in seinem aktuellen Gutachten geschrieben:<br />
recht wird und die soziale Sicherung im Alter garantiert,<br />
wurde als solcher zunächst einmal 1990 erfüllt. Wie war<br />
die Ausgangslage? In der DDR gab es für die breite Bevölkerung<br />
eine Rente aus der Sozialpflichtversicherung,<br />
die sich an einer Beitragsbemessungsgrenze von<br />
600 Mark der DDR orientierte. Das entspricht einem Betrag<br />
von heute rund 160 Euro. Zum Vergleich: Aktuell<br />
liegt die Bemessungsgrenze im Osten bei 4 500 Euro.<br />
Auch diese Zahlen sind eine Aussage.<br />
Fast 20 Jahre nach der Vereinigung sollte eine rentenrechtliche<br />
Vereinheitlichung auf die politische<br />
Agenda gesetzt werden. Eine solche Entscheidung<br />
erfordert Mut, denn sie muss unter Unsicherheit<br />
hinsichtlich der einkommensmäßigen Entwicklung<br />
getroffen werden.<br />
Mut ist sicher kein herausstechendes Merkmal dieser<br />
Großen Koalition. Ich meine gleichwohl, wir sollten<br />
diese Aufgabe angehen. Die FDP hat einen guten und in<br />
der Systematik richtigen Vorschlag für die Lösung dieser<br />
Aufgabe vorgelegt.<br />
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.<br />
Versicherte, deren Einkommen bei über 600 Mark der<br />
DDR lag, hatten die Möglichkeit, in die Freiwillige Rentenzusatzversicherung,<br />
die sogenannte FZR, einzutreten.<br />
Viele haben das getan, manche aber nicht. Diejenigen,<br />
die es nicht getan haben, hatten monatlich mehr netto in<br />
(B)<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
der Tasche, wussten aber, dass sie im Alter weniger Einnahmen<br />
haben werden.<br />
(D)<br />
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:<br />
Das Wort hat die Kollegin Maria Michalk für die<br />
CDU/CSU-Fraktion.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Maria Michalk (CDU/CSU):<br />
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Sehr verehrte Damen und Herren! Dieser Debatte liegen<br />
mehrere Anträge zugrunde. Sie alle enthalten die Forderung,<br />
die Ostrenten und die Westrenten zusammenzufügen,<br />
also ein einheitliches Bewertungs- und Berechnungssystem<br />
einzuführen. Das Ziel als solches eint uns<br />
in diesem Parlament. Ich glaube, das kann man zu Beginn<br />
einer solchen Debatte durchaus sagen; das ist fair.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Den Weg dorthin sehen wir allerdings sehr differenziert.<br />
Es ist, wie ich finde, notwendig – das kann ich uns am<br />
Anfang dieser Debatte nicht ersparen –, sich einige historische<br />
Fakten noch einmal zu vergegenwärtigen, damit<br />
man weiß, woher wir kommen. Wohin wir wollen, das<br />
haben wir schon formuliert.<br />
Ein solidarisches, einheitliches, generationengerechtes<br />
und zukunftsorientiertes Rentensystem für die vereinte<br />
Bundesrepublik zu schaffen, steht seit langem im<br />
Mittelpunkt vieler Debatten. Dies ist ja nicht die erste<br />
Rentendebatte, die wir in dieser Legislaturperiode führen.<br />
Aus eigenem Erleben weiß ich, dass diese Debatten<br />
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ja!)<br />
Neben der SV und der FZR bestanden in der DDR<br />
weitere Versorgungssysteme, die bestimmten Berufsund<br />
Personengruppen vorbehalten waren. Zweck dieser<br />
Versorgungssysteme war es, ganz gezielt diesen Menschen<br />
im Alter einen hohen Lebensstandard zu sichern.<br />
(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Wer war<br />
das wohl?)<br />
In der Rechtsnatur sind die Zusatzversorgungssysteme<br />
und die Sonderversorgungssysteme zu unterscheiden.<br />
Angehörige der Zusatzversorgungssysteme erhielten die<br />
gesetzliche Grundrente und die Zusatzversorgung obendrauf.<br />
Sie waren Mitglieder der sozialen Versicherung.<br />
Die Mitglieder der Sonderversorgungssysteme unterlagen<br />
nicht der Sozialpflichtversicherung und erhielten allein<br />
aus dem Sonderversorgungssystem ihre Rente.<br />
(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Interessantes<br />
Rentensystem!)<br />
Es gab also mehrere Gruppen, 27 Zusatzversorgungssysteme<br />
und fünf Sonderversorgungssysteme. Dieser<br />
bunte Strauß der Rentenversicherungsregelung der<br />
DDR, an dem für jeden einzelnen Menschen das Band<br />
einer zuverlässigen Zusage für die Sicherheit im Alter<br />
hing, ist am 1. Juli 1990 durch die Wirtschafts-, Währungs-<br />
und Sozialunion verwelkt. Durch die Volkskammer<br />
wurden die Zusatzversorgungssysteme zum 30. Juni<br />
1990 geschlossen. Die genaue Ausgestaltung der Über-