193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Jan Mücke<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20721<br />
(A) könnte, dass die Anpassung des Ostens an den Westen in Der Sachverständigenrat sagt eindeutig, dass es auch aus (C)<br />
einem überschaubaren Zeitraum zum Ende käme. verfassungsrechtlichen Gründen eine Umbewertung geben<br />
muss.<br />
Die Wahrheit ist aber, dass dieser Anpassungsprozess<br />
schon vor vier Jahren zum Erliegen gekommen ist. Wahr<br />
ist auch, dass wir, zieht man die Prognose aus dem Rentenversicherungsbericht<br />
heran und unterstellt bei der Anpassung<br />
des Rentenwertes ein um 0,1 Prozent höheres<br />
Wirtschaftswachstum im Osten als im Westen – das haben<br />
wir schon seit langem nicht mehr –, über eine Anpassung<br />
des Ostens an den Westen bis zum Jahre 2128<br />
reden würden. Angesichts dessen, dass die deutsche Teilung<br />
40 Jahre gedauert hat, die Anpassung des Rentensystems<br />
aber 140 Jahre, verstärkt sich dieses Ungerechtigkeitsgefühl.<br />
Deshalb hat die FDP den Vorschlag<br />
gemacht, das Rentensystem zu vereinheitlichen.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Es geht keinesfalls darum, Renten zu kürzen, wie das<br />
ein Kollege von der Union gesagt hat.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Besitzstandswahrend!)<br />
Nichts davon ist richtig. Ich empfehle einen Blick in das<br />
Gutachten des Sachverständigenrates. Dort ist von einer<br />
„besitzstandswahrenden Umbewertung“ die Rede. Das<br />
ist richtig; das ist genau das FDP-Modell.<br />
Da das Rentensystem nur eingeschränkt dazu geeignet<br />
ist, diese Unterschiede auszugleichen, sagen wir: Es<br />
ist höchste Zeit, ein einheitliches System zu schaffen.<br />
Zugleich schlagen wir vor, dass es ein Wahlrecht geben<br />
soll, das mit dem 60. Lebensjahr – man kann auch über<br />
das 65. Lebensjahr reden – ausgeübt wird. Wer eine gebrochene<br />
Erwerbsbiografie hat oder zum Teil im Osten<br />
und im Westen gearbeitet hat – dieser Fall kommt ganz<br />
häufig vor –, soll dieses Wahlrecht ausüben und selbst<br />
entscheiden können, welches System für ihn das bessere<br />
ist. Niemand würde durch unseren Vorschlag in ein<br />
neues einheitliches System gezwungen, wenn er sich mit<br />
dem alten System der Angleichung Ost an West besserstellte.<br />
Das wäre ein ganz erheblicher Vorteil; dieses<br />
Wahlrecht führte dazu, dass sich niemand übervorteilt<br />
fühlen könnte. Niemand könnte von sich behaupten, er<br />
werde in ein einheitliches System gezwungen.<br />
Deshalb ist der Vorschlag der FDP-Fraktion außerordentlich<br />
fair, zugleich aber auch realisierbar. Insoweit<br />
sehen wir uns durch das Gutachten des Sachverständigenrates<br />
bestätigt, das uns in all diesen Punkten recht<br />
gibt.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Hinzu kommt, dass wir mit dem Vorschlag einer Einmalzahlung<br />
einen Anpassungsprozess, der in den letzten<br />
vier Jahren gar nicht mehr stattgefunden hat, überhaupt<br />
noch stattfinden lassen wollen. Das ist doch die<br />
Wahrheit. Wir müssen doch sehen, dass es auf lange<br />
Sicht keine Anpassung gäbe, wenn wir uns jetzt nicht<br />
endlich dazu aufrafften, die Rentnerinnen und Rentner in<br />
den neuen Ländern mit einer Einmalzahlung abzufinden.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Gerade diese Betroffenengruppe hätte sehr viel mehr davon,<br />
wenn eine Anpassung in Form einer Einmalzahlung<br />
in ihrem Portemonnaie ankäme, als wenn sie auf den<br />
Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet würde.<br />
(Beifall bei der FDP – Stephan Hilsberg<br />
[SPD]: Wie hoch? Wie viel? – Weitere Zurufe<br />
von der SPD)<br />
Wir wünschen uns eine sachliche Debatte und ein geordnetes<br />
Gesetzgebungsverfahren, das all diese Aspekte<br />
berücksichtigt. Wir als FDP wünschen uns, dass es auch<br />
im Rentenrecht eine Vereinheitlichung gibt, und zwar<br />
nicht nach 140 Jahren, sondern jetzt.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Meine Damen und Herren, dieses Ungerechtigkeitsgefühl<br />
müssen wir aus der Welt schaffen, weil die meisten<br />
Menschen kein Verständnis dafür haben, dass es in<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
(B) Ost und West Unterschiede gibt. Die Unterschiede bei<br />
den Löhnen gibt es auch innerhalb des Westens und des<br />
Ostens. Jemand in Emden verdient sehr viel weniger<br />
Geld als jemand, der in München tätig ist. So ist es auch<br />
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:<br />
Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Anton<br />
Schaaf.<br />
(D)<br />
innerhalb des Ostens: Wer in Dresden arbeitet, hat ein (Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb<br />
ganz anderes Einkommen als jemand, der im Erzgebirge [FDP]: Herr Schaaf, Sie kennen sich doch aus!<br />
arbeitet. Das ist ein Fakt.<br />
Sagen Sie wenigstens mal, was die Koalition<br />
will!)<br />
Anton Schaaf (SPD):<br />
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr<br />
Kolb, Sie wissen, ich lasse Sie in Rentendebatten nie<br />
aus; das werde ich selbstverständlich auch hier nicht tun.<br />
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir 20 Jahre nach<br />
der Einheit in der Frage einer Ost-West-Angleichung<br />
Bewegung brauchen. Diese Frage stellt sich mir überhaupt<br />
nicht.<br />
(Beifall bei der SPD und der FDP)<br />
Zunächst komme ich auf die linke Seite zu sprechen,<br />
bevor ich auf den FDP-Vorschlag eingehen werde. Ich<br />
weise es zurück, dass die Linke denen, die seit der Einheit<br />
in Gesamtdeutschland Verantwortung hatten, unterstellt,<br />
sie hätten an dieser Stelle nichts gemacht und<br />
wollten sich auch heute nicht bewegen. Die Mechanismen,<br />
die wir damals zur Angleichung einführten, haben<br />
über Jahre hinweg ordentlich funktioniert und den Menschen<br />
im Osten auch höhere Renten gebracht.<br />
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der<br />
FDP)