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193. Sitzung - Deutscher Bundestag

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20894 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />

Diana Golze<br />

(A) nahme der Vorbehalte gegen die Kinderrechtskonvention, die kommenden Generationen durch Sozialabbau und (C)<br />

die Teile des Hauses immer weiter vor sich herschieben, Rentenkürzungen größer und nicht kleiner.<br />

um sich vor einem Votum zu drücken, lässt mich wenig<br />

hoffen.<br />

Auch hier gilt für die Linke: ohne Teilhabe keine wirkliche<br />

Beteiligung. Ein wichtiger Punkt ist hierbei die Stär-<br />

Auch die Partizipation von Kindern ist ein Teil der kung der bewährten Strukturen der Kinder- und Jugend-<br />

Kinderrechtskonvention, mit der ihnen Recht auf Schutz, hilfe; denn das sind die Orte, wo Kinder und Jugendliche<br />

Grundversorgung und Beteiligung zugesprochen wird. oft ihre ersten Erfahrungen mit demokratischen Abläufen<br />

Der Zwischenbericht zum „Nationalen Aktionsplan für machen. Kinder- und Jugendbeteiligung ohne die zahlrei-<br />

ein kindgerechtes Deutschland“ ist uns allen in den verchen Verbände und Vereine ist nicht denkbar. Die regiegangenen<br />

Tagen zugänglich gemacht worden. Ich teile rende Politik hat aber in unvernünftigster Art und Weise<br />

ausdrücklich die Kritik des Deutschen Bundesjugendrin- in den vergangenen Jahren genau an dieser Stelle den<br />

ges, dass dies ein reiner Ministeriumsbericht ist. Es sollte Rotstift angesetzt. Diese Entwicklung ist zum Teil nicht<br />

nicht Ziel sein, über die Beteiligung von Jugendlichen zu mehr umkehrbar; denn vielerorts sind diese Strukturen<br />

diskutieren; es muss unser Ziel sein, Jugendliche direkt schon zerstört. Eine gut funktionierende Kinder- und Ju-<br />

und bei allen Verfahren zu beteiligen und mit ihnen über gendhilfe ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wer sich da-<br />

Möglichkeiten der Partizipation zu verhandeln. Alles anrauf verlässt, dass dies die Kommunen allein stemmen<br />

dere ist halbseiden und verschärft den Eindruck bei den<br />

Betroffenen, im entscheidenden Moment wieder draußen<br />

zu bleiben.<br />

können, hat nicht begriffen, dass eine gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe auch gesamtgesellschaftlich bei den Kosten<br />

angegangen werden muss. Der Bundeshaushalt<br />

spricht nach wie vor eine andere Sprache.<br />

(B)<br />

Die Bundesregierung hat sich mit dem Aktionsplan<br />

„Für ein kindergerechtes Deutschland“ hehre Ziele gesetzt.<br />

Allein die Politik der Bundesregierung straft sie<br />

selbst Lügen. Die Ungleichbehandlung der Kinder von<br />

Erwerbslosen im heute beschlossenen Familienleistungsgesetz<br />

ist der jüngste Beweis. Bildung ist Beteiligung. Warum<br />

aber wird dann das Schulbedarfspaket nur bis zum<br />

10. Schuljahr an Kinder in Bedarfsgemeinschaften gezahlt<br />

und nicht auch für die Abiturstufe? Finanzielle Ausgrenzung<br />

durch die Anrechnungspraxis beim Kindergeld<br />

auf den ALG-II-Regelsatz ist eine schreiende Ungerechtigkeit.<br />

Die Tatsache, dass Kinder im Sozialgeldbezug<br />

keine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Leistungen erhalten,<br />

ist alles andere als kindgerecht. Die Bundesregierung<br />

weiß dies und hält die Oppositionsfraktionen seit<br />

Auch bei anderen Gesetzesinitiativen bleibt fraglich,<br />

wie ernst es in der Bundesrepublik mit der Beteiligung<br />

von Kindern und Jugendlichen ist, wenn sie anderen Interessen<br />

entgegensteht. Nicht umsonst findet sich in unserem<br />

Antrag die Stärkung der Schüler- und Schülerinnenvertretungen<br />

und der Auszubildendenvertretungen wieder.<br />

Hier findet direkte Beteiligung statt. Sicher, Ersteres<br />

müsste mit den Ländern diskutiert werden. Aber nur weil<br />

es dort angesiedelt ist, heißt es nicht, dass sich der Bund<br />

dafür nicht starkmachen kann. Bei den Jugend- und Auszubildendenvertretungen<br />

hat der Bund die Kompetenz.<br />

Hier können Sie etwas für die Stärkung der direkten Beteiligung<br />

von Jugendlichen tun, indem sie dies im Betriebsverfassungsgesetz<br />

verankern.<br />

(D)<br />

zweieinhalb Jahren hin. Drei Millionen Kinder in Armut<br />

heißt auch drei Millionen Kinder, die weniger Teilhabemöglichkeiten<br />

haben und dadurch in ihren Partizipationsrechten<br />

eingeschränkt werden.<br />

Ich könnte noch eine ganze Liste von Maßnahmen aufzählen,<br />

die unterlegen, warum die Menschen in der Bundesrepublik<br />

finden, dass Deutschland nicht kinderfreundlich<br />

ist. Kinderbeteiligung – ich sagte es bereits<br />

eingangs – ist ein Kinderrecht. Die Stärkung der Mitbestimmung<br />

von Kindern und Jugendlichen bedeutet – und<br />

das ist mir völlig klar – immer auch ein Abgeben von<br />

Macht. Aber ohne die Bereitschaft des Abgebens werden<br />

sich die Kinder und Jugendlichen nicht ernst genommen<br />

fühlen. Dies aber ist die Grundvoraussetzung für ein dauerhaftes<br />

Interesse der nachwachsenden Generation an<br />

den gesellschaftspolitischen Prozessen. Wenn wir es nicht<br />

schaffen, klare Strukturen der Mitbestimmung zu schaffen<br />

und verbindliche Spielregeln für alle Beteiligten zu verabreden,<br />

brauchen wir uns über Politikverdrossenheit,<br />

zurückgehende Wahlbeteiligung und im schlimmsten Fall<br />

über das Ablehnen der demokratischen Werte unserer<br />

Gesellschaft nicht zu wundern. Auch wir auf der Bundesebene<br />

haben entscheidende Instrumente in der Hand; wir<br />

sind der Bundesgesetzgeber. Lassen Sie uns die Instrumente<br />

nutzen und nicht voreilig aus der Hand legen.<br />

In drei Jahren schwarz-roter Politik ist eine ganze<br />

Gruppe von Jugendlichen in ihrer Selbstbestimmung<br />

massiv eingeschränkt worden. Durch die Verschärfung<br />

der Hartz-IV-Regelung für unter 25-Jährige fehlt dieser<br />

Gruppe nicht nur das Geld, das Sie ihnen durch die Kürzung<br />

des Regelsatzes nicht mehr zugestehen. Sie haben<br />

auch das Recht verloren, – obgleich volljährig – allein<br />

über ihr Leben zu bestimmen. 19-, 20-, 21-Jährige, die<br />

nicht zu Hause ausziehen dürfen, weil sie ALG II<br />

beziehen – das ist die Politik der Bundesrepublik. Begründet<br />

wird dies allzu gern mit dem demografischen<br />

Wandel und damit, dass die kommenden Generationen<br />

durch Neuverschuldung des Staates nicht der Zukunft beraubt<br />

werden dürfen. Sie missbrauchen den Begriff der<br />

Generationengerechtigkeit. Mit ihrer Politik verschärft<br />

die Bundesregierung nicht nur einen heraufbeschworenen<br />

Konflikt zwischen Jung und Alt – der sich so in der<br />

Wirklichkeit gar nicht widerspiegelt –, nein, sie verschärft<br />

den Konflikt zwischen Arm und Reich. Diese „Generationengerechtigkeit“<br />

ist darum kein Ersatz für soziale<br />

Gerechtigkeit. Durch eine fortschreitende Privatisierung<br />

der Sozialversicherungssysteme wird die Belastung für<br />

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Die demokratischen Beteiligungsrechte von Kindern<br />

und Jugendlichen müssen in der gesellschaftlichen Realität<br />

endlich besser eingelöst werden. Es ist eine wichtige<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

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