193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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Carl-Ludwig Thiele<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20753<br />
(A) den Menschen, wenn sie im berufsbildenden Bereich (Beifall bei der LINKEN – Carl-Ludwig (C)<br />
nicht gewährt werden? Die Fragen habe ich aufgenom-<br />
Thiele [FDP]: Das stimmt!)<br />
men.<br />
Ich habe aber auch eine Frage an Sie: Was sagen Sie<br />
diesen Menschen denn? Eine Antwort habe ich nämlich<br />
nicht gehört. Ich habe nur die Frage dazu gehört, aber<br />
nicht die Antwort – auf die bin ich gespannt.<br />
Kindergeld und Kinderfreibetrag sind kein Gnadenakt.<br />
Uns liegt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vor. Das Existenzminimum, auch das von Kindern, muss<br />
steuerfrei sein. Wir haben nun zu überlegen, wie das berechnet<br />
wird. Sie berechnen es permanent; das hat Frau<br />
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-<br />
NEN]: Die haben ja keine Antwort!)<br />
Kressl auch gesagt. Sie berechnen es aber permanent zu<br />
niedrig. Die Berechnung der Regelsätze geht in die Berechnung<br />
des steuerfreien Existenzminimums ein. Der<br />
Paritätische Wohlfahrtsverband und die Familienver-<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
bände der Evangelischen Kirche und der Katholischen<br />
Frau Kollegin Lips.<br />
Kirchen haben Ihnen ihre Berechnungen vorgelegt. Sie<br />
ignorieren das einfach. Sie tun so, als ob diese nicht da<br />
wären und nicht gelten.<br />
Patricia Lips (CDU/CSU):<br />
Sehr geehrter Kollege Thiele, ich glaube, ich habe gegen<br />
Ende meiner Ausführungen einen Weg aufgezeigt.<br />
Deswegen wollte ich meinen Redebeitrag erst fortsetzen,<br />
bevor ich Ihre Frage beantworte. Ich habe gerade in den<br />
letzten 48 Stunden gemerkt, dass es zu diesem Thema<br />
sehr viele Emotionen gibt. Betrachten Sie die Aussagen,<br />
die ich als Fragen formuliert habe – ich hätte sie auch als<br />
Forderungen formulieren können –, in gewisser Weise<br />
auch unter einem rhetorischen Aspekt.<br />
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):<br />
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Frau Lips, seit 2002 wurde das Kindergeld nicht mehr<br />
erhöht. Es war Zeit genug, nachzudenken und Antworten<br />
zu finden, um uns hier nicht wieder mit einem Fragenkatalog<br />
zu konfrontieren.<br />
(Beifall bei der LINKEN – Leo Dautzenberg<br />
[CDU/CSU]: Wir sind aber erst seit 2005<br />
dran!)<br />
Sie erhöhen endlich das Kindergeld um 10 Euro pro Monat.<br />
Sie besitzen aber die Frechheit, dies als Bestandteil<br />
Ihres Konjunkturprogrämmchens zu verkaufen. Das finde<br />
ich wirklich bodenlos.<br />
Dass wir heute so intensiv über das Schulstarterpaket<br />
diskutieren, hat natürlich etwas mit den Regelsätzen zu<br />
tun. Sie alle hier waren doch von der Einführung von<br />
Hartz I bis Hartz IV und von der Festsetzung der Regelsätze<br />
begeistert. Die Bildung wurde einfach rausgelassen.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:<br />
Daran sind Sie alle doch beteiligt. Rot-Grün hatte die<br />
Verantwortung. Gegenstimmen der anderen waren nicht<br />
Es geht hier um ein Gesetz!)<br />
zu hören. Sie plustern sich jetzt hier auf und sagen, dass<br />
Uns geht es darum, die Probleme hinsichtlich der<br />
Menschen, die von SGB II und Hartz IV betroffen sind,<br />
und denjenigen, die das entsprechende Einkommen ha-<br />
es endlich gemacht werden muss. Natürlich muss es endlich<br />
gemacht werden. Aber dann lassen Sie uns die Bildung<br />
insgesamt betrachten.<br />
(B) ben, einer umfänglichen Prüfung zu unterziehen. Der<br />
Fairness halber soll dies nicht nur einseitig für eine Bevölkerungsgruppe<br />
geprüft werden, sondern es soll auch<br />
den anderen die Chance zu einer neuen Bewertung gegeben<br />
werden. Das habe ich damit beabsichtigt.<br />
Bei der frühkindlichen Bildung muss ebenfalls mehr<br />
getan werden. Vielleicht sollte ein Kindergartenkind<br />
auch zusätzliche Bildung in Form von musikalischer<br />
Früherziehung oder sportlicher Betätigung bekommen.<br />
All das fällt weg. Hartz-IV-Kinder brauchen kein Abitur,<br />
(D)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf vom<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber darüber<br />
stimmen wir heute nicht ab! – Zuruf von der<br />
CDU/CSU: Jetzt ist Herr Thiele klüger!)<br />
weil sie sowieso nicht studieren werden. Studiengebühren<br />
können sie sowieso nicht aufbringen. Also lassen wir<br />
es alles. Diese Perspektive sollte es nicht mehr geben.<br />
Das ist Ihre zynische Politik.<br />
Die SPD sagt: Wir wollten für Abiturientinnen und<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Abiturienten unbedingt, aber wir haben die 18 Millionen<br />
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll von<br />
der Fraktion Die Linke.<br />
Euro von der CDU nicht bekommen. – Das ist einfach<br />
nur ein Armutszeugnis.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Die SPD-Kollegin Westrich hat im Ausschuss gesagt<br />
und uns versprochen: Die SPD wird sich dafür einsetzen,<br />
dass die Kinderregelsätze kindgerecht ausgestaltet werden,<br />
noch in dieser Legislaturperiode. – Da bin ich gespannt.<br />
Dies ist natürlich ein Eingeständnis, dass Ihre<br />
Regelsätze viel zu gering sind und Sie sich seit Jahren<br />
nicht mehr auf dem festen Boden der Verfassung befinden<br />
(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sie müssen<br />
gerade über die Verfassung reden!)<br />
– das Bundesverfassungsgericht hat sich dazu geäußert –,<br />
sondern weit darunter sind.<br />
(Beifall bei der LINKEN)