193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20937<br />
(A) widmung von Ressourcen zugunsten der Landwirtschaft streite ich, dass andere Regierungen als die bisher so (C)<br />
und ländlichen Entwicklung kann den Hunger nachhaltig intensiv beteiligten deutsche, österreichische und<br />
besiegen. Wir brauchen eine schnelle Abkehr von der schweizerische sowie deren in ständiger Kooperation be-<br />
Art, wie Landwirtschaft betrieben wird, mit ihrer ungefindliche Kreditversicherer auch nur annähernd so viele<br />
hemmten Intensivierung, mit ihrem Teufelskreis von Verbesserungen an dem Projekt zum Teil im sachlichen<br />
Monokulturen, Pestizideinsatz, chemischem Dünger, Dialog, zum Teil auch im politischen Streit mit der türki-<br />
enormem Wasserverbrauch und Bodenzerstörung. schen Regierung hätten erreichen wollen und können,<br />
Wir brauchen mehr Geld für ländliche Entwicklung.<br />
wie dies der Fall war.<br />
Aber diese muss ökologisch und sozial nachhaltig sein, Dabei war die türkische Regierung kein einfacher<br />
in einem fairen Handelssystem stattfinden und im Sinne Partner. Der Schutz der historischen Orte war offensicht-<br />
des Rechts auf Nahrung zuallererst den Ärmsten zugutelich für sie kein wichtiges Gut. Die Regeln für gerechte<br />
kommen.<br />
Behandlung der betroffenen Menschen, die umgesiedelt<br />
werden müssen, hatten keine große Bedeutung, ein Dialog<br />
mit den Flussanrainern über die ökologischen Folgen<br />
Anlage 15<br />
Zu Protokoll gegebene Reden<br />
kam nur nach langem politischem Drängen zustande.<br />
Die Liste der Mängel ist weiter fortzusetzen. In diesen<br />
mühsamen Gesprächen, für die sich der <strong>Bundestag</strong> nur<br />
bedanken kann, sind Schritt für Schritt Fortschritte gemacht<br />
worden, die dann eine Gewährleistung von Teilaufträgen<br />
möglich gemacht haben.<br />
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des<br />
Berichts: Hermes-Bürgschaft für das Ilisu-Staudammprojekt<br />
zurückziehen (Tagesordnungspunkt<br />
18)<br />
(B)<br />
Erich G. Fritz (CDU/CSU): Wie Sie alle wissen, hat<br />
die Bundesregierung im März 2007 gemeinsam mit Österreich<br />
und der Schweiz Exportkreditgarantien für das<br />
Ilisu-Staudammprojekt im Südosten der Türkei übernommen.<br />
Laut BMWi sind die Gesamtkosten für das<br />
Projekt mit rund 2 Milliarden Euro beziffert. Der deutsche<br />
Anteil dabei beträgt 93 Millionen Euro für die Beteiligung<br />
der ZÜBLIN AG. Wir sprechen hier also nicht<br />
über einen wirklich relevanten Anteil des Projektes. Der<br />
Antrag hat, wie viele vor ihm, im Wesentlichen symboli-<br />
Der Deutsche <strong>Bundestag</strong> hat über Parteigrenzen hinweg<br />
immer darauf Wert gelegt und als unabdingbar eingefordert,<br />
dass das Projekt nach internationalen Standards<br />
zu realisieren sei. Unsere Bundesregierung hat<br />
dafür viel getan. Sie hat ein Komitee nationaler und internationaler<br />
Experten benannt, das die Türkei bei der<br />
Durchführung des Projekts berät und kontrolliert. Es ist<br />
äußerst bedauerlich, dass die zur Projektüberwachung<br />
eingesetzten unabhängigen Experten im Frühjahr dieses<br />
Jahres Verzögerungen bei der Umsetzung der vereinbarten<br />
Maßnahmen feststellen mussten. Das zeigt aber<br />
auch, dass sich dieses Kontrollgremium bewährt hat.<br />
(D)<br />
sche Bedeutung.<br />
Die Bundesregierung hat ihre Konsequenzen daraus<br />
gezogen. Die CDU/CSU-<strong>Bundestag</strong>sfraktion begrüßt,<br />
dass die am Projekt beteiligten Exportkreditversicherungen<br />
aus Deutschland, Österreich und der Schweiz am<br />
9. Oktober 2008 eine förmliche Umweltstörungsanzeige<br />
– Environmental Failure Notice, EFN – an das türkische<br />
Baukonsortium eingereicht haben. Damit wurde ein Prozess<br />
eingeleitet, der die Umsetzung der vereinbarten<br />
Maßnahmen in den Bereichen Umsiedlung, Umwelt und<br />
Kulturgüter sicherstellt.<br />
Die Geschichte dieses Staudammprojektes ist lang,<br />
auch die parlamentarische Behandlung dieses Themas<br />
füllt bereits ein eigenes Archiv. Regierungs- und Oppositionsfraktionen<br />
im <strong>Bundestag</strong> haben sich in mehreren<br />
Legislaturperioden teils kritisch-konstruktiv, teils ausschließlich<br />
kritisch mit diesem sowohl unter regionalpolitischen<br />
wie ethnischen, kulturellen und historischen,<br />
wie aber auch unter internationalen Aspekten bedeutenden<br />
Projekt beschäftigt. Es ist nichts Neues für uns, dass<br />
der Bau des Ilisu-Staudamms am Tigris im Südosten der<br />
Türkei als umstrittenes Projekt gilt. NGOs und auch die<br />
kurdische Opposition äußerten in vielen Gesprächen und<br />
Stellungnahmen ihre Kritik, die zu immer weiterer Kontrolle<br />
der Abläufe durch die Bundesregierung und durch<br />
die Fraktionen des <strong>Bundestag</strong>es geführt hat. Dass die<br />
Fraktion Die Linke dies in ihrem Antrag auf Drucksache<br />
16/9308 erneut aufgreift, gibt uns erneut Anlass<br />
zur Diskussion im <strong>Bundestag</strong>.<br />
Wir alle wollen, dass die Menschen nicht heimatlos<br />
gemacht werden. Wir alle wollen, dass kulturelle<br />
Schätze nicht verloren gehen. Doch was wäre die Alternative?<br />
Die Türkei hat im Vorfeld des Baubeginns erklärt,<br />
das Projekt in jedem Fall durchführen zu wollen,<br />
wenn nicht mit deutscher Hilfe, dann mit Lieferanten<br />
und Finanziers aus Nicht-OECD-Ländern wie zum Beispiel<br />
China. Ich bezweifle, dass sich unsere deutschen<br />
Exporteure darüber gefreut hätten. Vor allem aber be-<br />
Am 12. Dezember 2008 läuft die 60-Tage-Frist ab.<br />
Wir werden sehen, ob die türkischen Besteller bis dahin<br />
die Fehlentwicklungen korrigiert haben werden. Die<br />
CDU/CSU-<strong>Bundestag</strong>sfraktion bittet die Bundesregierung<br />
gemeinsam mit Österreich und der Schweiz, die Situation<br />
sehr genau zu prüfen. Wenn das geschehen ist,<br />
unterstützen wir die Bundesregierung mit unseren Möglichkeiten<br />
in ihrem Ziel, einen neuen Zeitplan für die<br />
Realisierung des Projektes zu erstellen und alle vereinbarungswidrigen<br />
Bautätigketten einzustellen.<br />
Ich wünsche mir, dass die Türkei eine Reihe von<br />
Maßnahmen einleitet, die zur Verbesserung der derzeitigen<br />
Lage beitragen. Es wäre schade, wenn die Bundesregierung<br />
von ihrer Bereitschaft, für die nötigen Kredite<br />
zu bürgen, abrücken müsste. Exportkreditgarantien sind<br />
ein sehr wichtiges Instrument unserer Außenwirtschaftsförderungspolitik.<br />
Gerade in Zeiten schwieriger Märkte<br />
leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung.