193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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20868 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008<br />
(A)<br />
Patrick Döring<br />
Gesichtspunkten Sinn macht, noch mal hier zu diskutiekünfte in immer größere Abhängigkeit vom Staat und sei- (C)<br />
ren. Wie zu erwarten war, haben die Ausschussberatunnen Sonderregelungen bringen zu können.<br />
gen nicht dazu geführt, dass die grundsätzlichen Bedenken<br />
gegen die Forderung an sich, aber auch gegen die<br />
Art, wie die Linke hier Politik macht, ausgeräumt worden<br />
sind – im Gegenteil.<br />
Doch das ist der falsche Weg. Wie diese Art der Politik<br />
eine ganze Gesellschaft in den Ruin treibt, haben wir erlebt.<br />
Und dass Sie es selbst nicht ernst meinen, sehen wir<br />
daran, dass in Berlin trotz Regierungsbeteiligung der<br />
Nach wie vor spricht gegen dieses „Sozialticket“, dass Linken der Nahverkehr immer teurer wird.<br />
es nicht sozial ist, auf Kosten der anderen Kunden bestimmte<br />
Bevölkerungsgruppen gewisse Konsumvorteile<br />
zu verschaffen – sei es beim Bahnfahren oder bei der Versorgung<br />
mit Lebensmitteln. Erforderlich ist, dass der<br />
Staat Mindestbedingungen für ein eigenverantwortliches<br />
Vielleicht wird die Linke irgendwann erkennen, dass<br />
der Sozialismus gescheitert ist. Und Ihr Antrag – das<br />
wage ich nun vorauszusagen – wird das historische<br />
Schicksal des Sozialismus teilen.<br />
Leben absichert – nicht mehr und nicht weniger. Das geschieht<br />
mit dem Geld der Steuerzahler, und dafür arbeiten Katrin Kunert (DIE LINKE):<br />
viele Menschen hart. Die Allgemeinheit der Bahnfahrer Heute, am 4. Dezember 2008, beschreitet der Deutsche<br />
mit den Umverteilungswünschen der Linken noch mehr Gewerkschaftsbund (DGB) der Region Ruhr-Mark einen<br />
zu belasten, ist und bleibt falsch.<br />
ungewöhnlichen Weg, um seine Forderung nach Einfüh-<br />
Außerdem werden bereits heute mit den Sparpreisen<br />
25 und 50 sowie mit Dauerspecials große Rabatte eingeräumt,<br />
die für alle Kunden gelten. Auch bietet die Deutsche<br />
Bahn AG bereits heute BahnCards 25 für Partner<br />
und Familien vergünstigt an. Für eine Spezialregelung<br />
besteht daher gar kein Bedarf.<br />
rung eines Sozialtickets zu unterstreichen. 20 „Schwarzfahrer“<br />
werden sich unter die Fahrgäste der BOGESTRA<br />
– das ist das Verkehrsunternehmen der Städte Bochum<br />
und Gelsenkirchen – mischen. Mit dieser spektakulären<br />
Aktion wollen die Gewerkschafter auf die Situation armer<br />
Menschen aufmerksam machen, die sich Fahrkarten für<br />
den öffentlichen Personennahverkehr nicht leisten kön-<br />
Das ist aber eine gute Gelegenheit, einmal darüber zu nen. Der DGB hat bereits mehrfach die Forderung aufge-<br />
reden, wie die Linke Politik macht. Sie überschreibt einen stellt, ein Sozialticket für solche Menschen bereitzustel-<br />
Antrag mit einem Titel, der toll klingt: „Sozialticket für len, deren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze von<br />
die Deutsche Bahn AG“. Damit macht sie vielen Men- 800 Euro liegt; Mobilität in der eigenen Stadt dürfe kein<br />
schen, die über wenig Geld verfügen, Hoffnungen. Dann Luxus sein.<br />
(B)<br />
die erste Enttäuschung: alles beschränkt auf Hartz-IV-<br />
Empfänger – kein Wort über jene Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer, die durch hohe Sozialabgaben und Steuern<br />
stark belastet sind und dennoch ihre Mobilität organisieren<br />
und finanzieren müssen. Und diejenigen, die dann<br />
noch nicht ausgestiegen sind, müssen erkennen, dass es<br />
sich um populistische Forderungen handelt, die überhaupt<br />
keinen wirksamen Gewinn bringen – weder für die<br />
Menschen noch für das Verkehrssystem. Ich frage mich:<br />
Wann kommt der Antrag für kostenloses Taxifahren und<br />
Sozialtarife an der Zapfsäule? Oder vielleicht für Steuersenkungen?<br />
Mittlerweile gibt es in vielen Städten und Landkreisen<br />
Initiativen für die Einführung eines Sozialtickets bzw.<br />
wurde das Sozialticket bereits eingeführt. Die Gründe dafür<br />
liegen in erster Linie in bundespolitischen Entscheidungen.<br />
Die Hartz-IV-Gesetze führen dazu, dass immer<br />
mehr Menschen von kulturellen, politischen und sozialen<br />
Prozessen ausgeschlossen sind. Sie können nur noch selten<br />
in vollem Maße am gesellschaftlichen Leben in ihrer<br />
Stadt oder Gemeinde teilnehmen. Deshalb bleibt die<br />
Linke bei ihrer Forderung: „Hartz IV muss weg!“ Was<br />
wir brauchen, ist eine armutsfeste, repressionsfreie soziale<br />
Grundsicherung. Ein erster Schritt in diese Rich-<br />
(D)<br />
Viel mehr brächte es beim Thema Kosten der Mobilität tung wäre eine sofortige Anhebung der Regelsätze auf<br />
auf der Schiene, endlich für Wettbewerb auf der Schiene 435 Euro.<br />
zu sorgen. Aber bei dem Thema verweigert sich die Linke<br />
ja jeglicher konstruktiver Mitarbeit. Privatwirtschaftlicher<br />
Wettbewerb auf einem vom Staat kontrollierten<br />
Gleis, das zu fairen Bedingungen allen Bewerbern diskriminierungsfrei<br />
zur Verfügung stehen muss, würde zu mehr<br />
Wettbewerb führen, zu mehr Service und sicher auch zu<br />
Ein Sozialticket für die Deutsche Bahn AG wird uns<br />
dieser Notwendigkeit nicht entheben. Aber ein Sozialticket<br />
für die Deutsche Bahn könnte dazu beitragen, dass<br />
für Menschen, die Transferleistungen beziehen, Mobilität<br />
im Fernverkehr ermöglicht wird.<br />
günstigeren Preisen für alle. Aber anstatt die Privatisie- Da es in der ersten Lesung keine Möglichkeit gab, sich<br />
rung des Bahnbetriebs – nicht des Netzes – konstruktiv zu mit den Argumenten der anderen Fraktionen zu unserem<br />
begleiten, legt uns die Linke solche Anträge wie diesen Antrag direkt auseinanderzusetzen, da die Reden nur zu<br />
vor.<br />
Protokoll gegeben werden sollten, möchte ich nun die Ge-<br />
Der Weg, den die Linke hier wieder einmal einschlägt,<br />
besorgt mich. Mit Einzelanträgen wollen die Kollegen<br />
legenheit nutzen, dies nachzuholen, und auf einige Argumente<br />
insbesondere der Koalitionsfraktionen eingehen.<br />
immer wieder und in verschiedenen Bereichen Sonderregelungen<br />
für Hartz-IV-Empfänger festschreiben, an-<br />
Die Fraktion der CDU/CSU teilt unsere Feststellung,<br />
dass Mobilität ein elementares Merkmal unserer heutigen<br />
statt an Lösungen mitzuarbeiten, die für alle Menschen Gesellschaft ist. Was sie aber nicht tut, ist, dass sie daraus<br />
Vorteile bringen. Hier steht die vermeintliche Begünsti- Konsequenzen zieht und allen Menschen in diesem Land<br />
gung bestimmter Gruppen im Vordergrund, von denen die ein Grundrecht auf Mobilität einräumt und zu dessen Ge-<br />
Antragsteller annehmen, diese aufgrund geringer Einwährleistung die Voraussetzungen schafft. Auch den<br />
Zu Protokoll gegebene Reden