193. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 16. Wahlperiode – <strong>193.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 4. Dezember 2008 20881<br />
(A)<br />
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)<br />
treten hier neben das CO2-Minderungsziel. Deshalb geht<br />
es auch um eine möglichst effiziente Produktion und Ver-<br />
Wir haben in Deutschland ein umfangreiches Potenzial<br />
in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wenn es<br />
(C)<br />
wendung von Biomasse.<br />
um nachwachsende Rohstoffe und deren Nutzung geht.<br />
Bei der Kaskadennutzung zum Beispiel werden Rohstoffe<br />
zunächst stofflich, möglichst mehrfach und am<br />
Ende des Zyklus energetisch und damit effizienter genutzt<br />
als bei einer bloßen stofflichen oder energetischen Nutzung.<br />
Die in der Kaskadennutzung nachgeschaltete energetische<br />
Nutzung kann den Gesamtwirkungsgrad der<br />
Prozesse und damit die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Ohnehin<br />
ist bei der Landnutzung auch auf möglicherweise bestehende<br />
Konkurrenzverhältnisse bzw. Nutzungskonflikte,<br />
zum Beispiel zur Nahrungsmittelproduktion, zu achten,<br />
die einer Ausweitung von Anbauflächen entgegenstehen<br />
können.<br />
Wir haben qualifizierte und engagierte Wissenschaftler,<br />
kreative Köpfe und innovative Unternehmen. Wir müssen<br />
sie jetzt zur kritischen Masse zusammenbringen aus den<br />
verschiedensten Bereichen: aus der Landwirtschaft, aus<br />
der Industrie, aus unseren Forschungseinrichtungen der<br />
Helmholtz-Gesellschaft oder der Fraunhofer-Gesellschaft,<br />
aus groß- und mittelständischen Unternehmen,<br />
von der Hochschule wie von der Werkbank. Wir müssen<br />
– nach meiner Überzeugung werden wir das auch – diese<br />
Forschungs- und Entwicklungsaufgaben meistern und<br />
insbesondere das in Hochschulen vorhandene Wissen interdisziplinär<br />
verdichten. Angereichert mit der notwendigen<br />
unternehmerischen Initiative und Tatkraft steht einer<br />
Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe ist ein Querschnittsthema.<br />
Nicht nur die Landwirtschaft mit dem Forschungsbereich<br />
der Grünen Biotechnologie, auch die<br />
Weiße Biotechnologie und vielfältige andere Forschungsbereiche<br />
müssen einbezogen werden, um geeignete innovative<br />
Verfahren und Methoden für die stoffliche Nutzung<br />
nachwachsender Rohstoffe zu entwickeln. Für einen<br />
nachhaltigen Einsatz ist nicht nur die Umweltverträglichkeit<br />
von wesentlicher Bedeutung. Hier tut sich ein weites<br />
Feld auf für die Erforschung der Biodiversität, der Bo-<br />
erfolgreichen Entwicklung nachwachsender Rohstoffe<br />
dann nichts mehr im Wege. Hier muss die Bundesregierung<br />
voranschreiten und eine Strategie entwickeln, mit<br />
der ressortübergreifend Wege gewiesen werden für eine<br />
erfolgreiche stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe.<br />
Das geht natürlich nicht, wenn man nur trommelt<br />
und ruft, es möge etwas passieren. Nein, es bedarf eines<br />
Impulses mit konkreten Zielvorgaben und Schwerpunkten<br />
für die weitere Forschungsförderung. Es bedarf eines<br />
staatlichen Anschubs für Forschung und Entwicklung.<br />
denfruchtbarkeit, der Effektivität möglicher Kaskadennutzung<br />
und ökologischer Bewertungen.<br />
Mit großer Freude habe ich zur Kenntnis nehmen dürfen,<br />
dass die Bundesregierung mit dem Aktionsplan stoff-<br />
(B)<br />
Aber auch die Wirtschaftlichkeit muss für einen dauerhaften<br />
großtechnischen Einsatz gegeben sein. Nicht zuletzt<br />
gilt es, komplexe ethische Fragen wie etwa bei der<br />
Abwägung zwischen der Verwendung der Rohstoffe als<br />
Ausgangsmaterial für die Nahrungsmittelproduktion in<br />
Konkurrenz zur industriellen stofflichen Produktion zu<br />
beantworten. Die Diskussion um die Vor- und Nachteile<br />
von Biokraftstoffen und die Kontroversen um das aktuelle<br />
Gutachten des „Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen“<br />
der Bundesregierung, der das<br />
Thema vor allem im Kontext globaler Umwelt- und Entwicklungspolitik<br />
aufgegriffen hat, geben einen Eindruck<br />
von der Komplexität dieses Forschungsbereichs.<br />
liche Nutzung bereits begonnen hat, ein entsprechendes<br />
Gesamtkonzept für Deutschland zu entwickeln. Das<br />
macht mich dankbar, besonders vor dem Hintergrund,<br />
dass im Rahmen eines solchen Konzeptes nicht nur die<br />
ökologische Grundlagenforschung vorangetrieben wird.<br />
Gleichzeitig legt die Bundesregierung die wichtige<br />
Grundlage für ein Bioraffinerieforschungsnetzwerk, in<br />
dem die Kompetenzen und Aktivitäten in Forschung, Entwicklung<br />
und Demonstrationsanlagen gebündelt sind.<br />
Denn anstelle einer jeweils isolierten Betrachtung der<br />
verschiedenen Nutzungspfade, sei es die stoffliche, treibstoffliche<br />
oder energetische Nutzung, ist ein sektorübergreifender<br />
Gesamtaktionsplan notwendig.<br />
(D)<br />
Deshalb kommt es heute mehr denn je darauf an, Forschung<br />
und Entwicklung zu bündeln und integrierte Nutzungskonzepte<br />
beispielsweise von Biomasse zu entwickeln<br />
und voranzutreiben. Von Fortschritten bei der<br />
integrierten Biomassenutzung in Bioraffinerien zum Beispiel<br />
erwarten viele Experten dauerhafte Entwicklungsperspektiven<br />
für die ländlichen Räume in unserem Land,<br />
Perspektiven für die Regionen, die im Zuge der Entwicklung<br />
unserer heutigen Wachstumskerne abgekoppelt wurden<br />
und wo den Menschen heute Perspektiven fehlen.<br />
Ziel der Forschung und Entwicklung biobasierter Produkte<br />
ist es, echte und ehrliche Alternativen zu den herkömmlichen<br />
Produkten bzw. Produktionsverfahren zu<br />
entwickeln. Wesentlich ist, dass die Bundesregierung neben<br />
der beschriebenen Förderung über die vielfältigen<br />
Anwendungsmöglichkeiten aufklärt und gegebenenfalls<br />
Hindernisse für den stofflichen Einsatz nachwachsender<br />
Rohstoffe beseitigt, insbesondere wenn diese den internationalen<br />
Wettbewerb zulasten deutscher Unternehmen<br />
oder Forscher verzerren.<br />
Ebenso können sich mit entsprechenden Nutzungskonzep- Theoretisch ist jeder Stoff aus nachwachsenden Rohten<br />
Perspektiven für weniger entwickelte Regionen auf stoffen herstellbar. Das Problem ist der Preis. Es gibt Mo-<br />
der Welt eröffnen, wobei die gesellschaftlichen, humanen leküle, die man mit etwa gleichem Aufwand aus Biomasse<br />
und wirtschaftlichen Auswirkungen vor dem Einbringen oder aus Erdöl herstellen kann. Die Bandbreite der Pro-<br />
solcher spezifischer Technologien in fremde Gesellschafdukte von Bioraffinerien ist allerdings sehr breit. Bioten<br />
und Kulturkreise besonders intensiv zu prüfen und zu masse ist ein Gemisch hochkomplexer Moleküle zum Bei-<br />
bewerten sind. Nicht nur bei der Produktion im Inland, spiel Kohlehydrate, Proteine, Öle, Fette. Es bedarf<br />
auch beim Import von Biomasse gilt es, die Einhaltung anspruchsvoller Verfahren, bevor diese Produkte für de-<br />
von Nachhaltigkeitsstandards bei der Produktion zu befinierte Verwendungszwecke aufgeschlüsselt werden könrücksichtigen.nen.<br />
Forschung und Entwicklung müssen sich hier auf ei-<br />
Zu Protokoll gegebene Reden