25.12.2014 Views

Archeologické rozhledy 2004 - Archeologický ústav AV ČR

Archeologické rozhledy 2004 - Archeologický ústav AV ČR

Archeologické rozhledy 2004 - Archeologický ústav AV ČR

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

<strong>Archeologické</strong> <strong>rozhledy</strong> LVI–<strong>2004</strong> 53<br />

ristisch sind. Die Frage lautet also, wann, wie und über welchen Weg diese beiden fremden Formen<br />

in die Chrudimer Fundkomplexe gelangten.<br />

Auf die Frage „Wann“ liefert die Analyse der Keramik aus den Komplexen von Chrudim und ihr<br />

Vergleich mit datierten Komplexen aus ganz Böhmen eine Antwort, und zwar sind sie durch ihre<br />

Parameter der Wende der Subphasen IVa2 und IVb1 der StK zuzuweisen.<br />

Für das „Wie“ bietet sich als wahrscheinlichste Lösung, dass beide Formen im Zuge des Tauschhandels<br />

zusammen mit hochwertigem Rohstoff zur Herstellung von Spaltindustrie in den böhmischen<br />

Raum gelangten, deren Import von den kleinpolnischen Silex-Lagerstätten des Krakau-Częstochowa-Jura<br />

nach Mähren und Böhmen einwandfrei nachgewiesen ist. Die Analyse des Rohstoffs aus<br />

den Chrudimer Komplexen hat diese Hypothese leider nicht bestätigt. J. Lech (1987) führte in einer<br />

Übersicht des Vorkommens von kleinpolnischen Rohstoffen in Europa sechs Fundorte mit StK aus<br />

Ostböhmen an (Abb. 20), deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, dass es auch im Land von Chrudim<br />

neben örtlichem Porzellanit und baltischem glazialen Silex verwendet wurde, groß. In Mähren ist<br />

in der Versorgung mit diesem kleinponischem Rohstoff in der älteren Stufe StK eine Zäsur zu beobachten,<br />

d.h. in jenem Zeitraum, in dem wir auch damit rechnen, dass die StK auf polnisches Gebiet<br />

kommt. Zur Wiederbelebung der Beziehungen kommt es erst in der jüngeren Stufe der StK, die vor<br />

allem in Mittel- und Nordmähren vertreten ist und gleichzeitig in der älteren Stufe der MBK (Oliva<br />

1984; Čižmář – Oliva 2001, 122; Kazdová – Peška – Mateiciucová 1999), die beide chronologisch<br />

den Komplexen von Chrudim entsprechen. Deshalb schließen wir, dass der Fund eines Gefäßes mit<br />

ausgebauchtem Kragen mit dem Import von Rohstoff, Halbfabrikaten bzw. Fertigprodukten von den<br />

kleinpolnischen Lagerstätten auf irgendeine Weise zusammenhängen muss. Ob wir es mit unmittelbaren<br />

Kontakten (Tauschhandelsreisen, freundschaftliche Besuche, Geschenke) zu tun haben, oder<br />

ob diese nur vermittelt war, werden kaum je erfahren. Wir wollen aber eine unabhängige Parallelbildung,<br />

d.h. eine unabhängige Anwendung dieses Elements in der Keramikproduktion der böhmischen<br />

StK ausschließen.<br />

Es bleibt die Frage, „auf welchem Wege“ es zum Kontakt zwischen beiden Gebieten gekommen<br />

sein kann. Die Entfernung zwischen Ostböhmen und Kleinpolen beträgt in der Luftlinie ca. 300 km.<br />

Es ist deshalb möglich, dass sich der Kontakt in Etappen abspielte. Von den möglichen Wegen führt<br />

der erste über Nord- und Mittelmähren, entlang des späteren Trstenice-Weges, an dem der Rohstoff<br />

auch erwiesen ist (Abb. 20). Gleichzeitig könnte über diesen Weg auch der bemalte Becher nach Chrudim<br />

gelangt sein. Siedlungsobjekte mit jüngerer StK begleitet von MBK kennen wir sowohl aus dem<br />

Land von Olomouc und Prostějov, als auch neuerdings von Opava. Von dort könnte der Rohstoff weiter<br />

entlang der oberen Morava (Příkazy) in das Land von Mohelnice und Zábřeh, entlang der Mährischen<br />

Sázava nach Svitava und von dort über das Land von Litomyšl und Vysoké Mýto bis nach<br />

Chrudim und weiter nach Mittelböhmen gelangt sein (Vencl 1965, 690; Vích 2001, obr. 2; 2002,<br />

obr. 36; Zápotocký 2002, 480).<br />

Der zweite mögliche Weg führt von Kleinpolen über Schlesien und Glatz in das Land von Hradec<br />

Králové. Trotzdem deutet das Vorkommen beider Gefäße in den Fundkomplexen aus Chrudim eher<br />

auf den südlicheren Weg über Mähren. Die Entwicklung des Neolithikums verlief in Unterschlesien<br />

entsprechend der in Ostböhmen, wo weder die Gruppe Sandomierz-Opatów vertreten ist, noch Formen<br />

mit ausgebauchtem Kragen vorkommen. Zweifellos bestand eine Verbindung über Glatz nach Böhmen,<br />

die von Funden von geschliffener Steinindustrie (Kalferst 1994; Tůma 2002) und von bayerischem<br />

Plattensilex in Schlesien angedeutet wird (Lech 1983, fig. 28.2), kaum wird jedoch der Transport des<br />

Rohstoffs von den kleinpolnischen Lagerstätten nach Böhmen auf diesem Wege erfolgt sein.<br />

Der Reichtum an Funden des kleinpolnischen Rohstoffs zur Zeit der LnK zeugt davon, dass die<br />

Kontakte zwischen Kleinpolen, Mähren und Böhmen relativ intensiv waren und die Entwicklung<br />

beider Gebiete von der ältesten bis zur jüngsten Šárka-Stufe identisch verlief, in Kleinpolen und im<br />

Ostteil Mährens zudem bereichert um Želiezovce-Elemente. Danach scheint es hier, ähnlich wie in<br />

Ostböhmen, Österreich, Schlesien und an der Saale, zu einer Unterbrechung zu kommen, und wir<br />

treffen erst wieder entwicklungsgeschichtlich fortgeschrittenere StK an, die dem Ende der böhmischen<br />

II.–III. Phase entspricht. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese Diskontinuität nur scheinbar

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!