Schriften zu Genetischen Ressourcen - Genres
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S. KAISER<br />
Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass der Wandel von Geschmacksvorlieben das<br />
beständigste Element aller Esskulturen ist. Oder in den Worten von Gärtnermeister<br />
Krause aus dem Jahre 1773, dass „Gleichwie die Moden in Kleidern sich verändern,<br />
also ist auch der hohe Geschmack von vielen Garten-Gewächsen in Verachtung gekommen.<br />
Vor etlichen dreyßig Jahren war Rucola ein bey großen Herren sehr beliebtes<br />
Salat-Kraut, ob es gleich an Geschmack dem verdorbenen Speck gleich<br />
kommt. Sind zwar auch Sommer-Endivien, Broccoli, Auberginen, Tomaten und auch<br />
Wasser-Melonen ganz in Verachtung gekommen, muß doch billig alles, es sey<br />
Baum, Pflanze, Wurzel oder Samen gezogen werden. Hat es gleich nicht in der<br />
Haushaltung seinen Nutzen, so dienet es doch <strong>zu</strong>r botanischen Kenntniß. Und da die<br />
Delicatesse des hohen Geschmacks, bey den großen und Reichen dieser Erde, noch<br />
bis hierher immer seinen Liebhaber gefunden hat, indem der eine von diesem, der<br />
andere von einem anderen Gusto ist, so ist die Beybehaltung solcher Gewächse löblich.“<br />
Und so ist die Arche des Geschmacks als eine internationale Kampagne von Slow<br />
Food <strong>zu</strong>r Rettung regionaler kulinarischer Schätze darauf ausgerichtet, eine größtmögliche<br />
Vielfalt der unterschiedlichsten Produkte an Bord <strong>zu</strong> nehmen. Die Jungfernfahrt<br />
der „Arche des Geschmacks“ fand in Italien statt. Inzwischen sind in 9 weiteren<br />
Ländern Baupläne erstellt worden, und man hat mit dem Bau von Schwesterschiffen<br />
begonnen.<br />
In meinem Beitrag möchte ich Sie, nach ein paar einleitenden Sätzen <strong>zu</strong>m theoretischen<br />
Hintergrund der deutschen „Arche“, mit „Noah“ auf die Suche nach regionalen<br />
Köstlichkeiten durch Nordrhein-Westfalen schicken.<br />
Diese Kampagne setzt vor allem auf Öffentlichkeitsarbeit <strong>zu</strong>m Thema: Erhaltung genetischer<br />
<strong>Ressourcen</strong> durch Nut<strong>zu</strong>ng. Wenn ich eine schmackhaft <strong>zu</strong>bereitete, vom<br />
Aussterben bedrohte genetische Ressource aus Landwirtschaft und Gartenbau, sei<br />
es Pflanze oder Tier jeweils in ihrer verarbeiteten Form, genussvoll verspeise, ist<br />
zwar genau diese Herkunft unwiederbringlich in ihrem Ur<strong>zu</strong>stand vernichtet, aber<br />
eben auch nur genau diese. War es nicht das letzte Exemplar seiner Art, kann ich<br />
jetzt den Markt für diese Ressource durch meine Nachfrage beleben. Je genauer ich<br />
einem Markt meinen Wunsch beschreiben kann, desto eher kann mein Wunsch befriedigt<br />
werden. Bezahle ich dann auch noch einen Preis, der den Produktionsbedingungen<br />
angemessen ist, kann sich das Spiel von Angebot und Nachfrage zeitlich<br />
unbegrenzt und sehr vielfältig ausbreiten.<br />
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