Ablauf der Entscheidungs- prozesse zur Anlage einer perkutanen ...
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zugrunde lagen. Aus den Interviews und an<strong>der</strong>en Untersuchungen kann vermutet werden,<br />
dass eine Inappetenz o<strong>der</strong> eine Nahrungsverweigerung, die vielfach mit <strong>einer</strong> dementiellen<br />
Erkrankung einhergeht mit <strong>der</strong> PEG-<strong>Anlage</strong> in Zusammenhang stand.<br />
Anhand <strong>der</strong> KH-Akten lässt sich nicht nachweisen, dass eine Verschlechterung <strong>der</strong> Ernährungssituation<br />
Grund für eine PEG-<strong>Anlage</strong> ist. Eher überwiegt die Dysphagie als primäre<br />
Diagnose, nicht zuletzt wegen mangeln<strong>der</strong> Dokumentation biometrischer Daten. Aus den<br />
Altenheimakten lässt sich jedoch für die Hälfte <strong>der</strong> PEG-Träger eine chronische Verschlechterung<br />
<strong>der</strong> Ernährungssituation mit <strong>der</strong> Folge <strong>einer</strong> Mangelernährung zumindest vermuten.<br />
Auch hier ist eine un<strong>zur</strong>eichende Dokumentation von Parametern wie Größe, Gewicht, BMI<br />
o<strong>der</strong> die Zuhilfenahme von Einschätzungsinstrumenten auffällig. Prüfungen des MDK Sachsen-Anhalt<br />
bestätigen diese un<strong>zur</strong>eichende Dokumentation (Bucher, Hufnagel, 2004).<br />
Letztlich gibt es zwei idealtypische <strong>Entscheidungs</strong>situationen:<br />
Die akute Erkrankung, nach <strong>der</strong> unvorhergesehen eine orale Nahrungsaufnahme erschwert<br />
o<strong>der</strong> unmöglich ist. Hier steht oftmals die Krisenintervention im Vor<strong>der</strong>grund mit dem Plan,<br />
die PEG nur befristet nutzen zu müssen. Diese Art <strong>der</strong> <strong>Entscheidungs</strong>findung wird als wenig<br />
problematisch angesehen. Die in diesem Forschungsprojekt erhobenen Daten weisen darauf<br />
hin, dass <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach frühzeitiger Einleitung enteraler Ernährung innerhalb weniger<br />
Wochen (vgl. Löser et al., 2005; Volkert et al., 2004) zumindest im Bezug auf akute Ereignisse<br />
in <strong>der</strong> Praxis weitestgehend nachgekommen wird.<br />
Dem steht die langsame und progrediente Verschlechterung <strong>der</strong> Ernährungssituation gegenüber,<br />
bei <strong>der</strong> die Unsicherheit beson<strong>der</strong>s hoch ist, wenn keine klare Prognose getroffen werden<br />
kann. Dabei kann sich als Son<strong>der</strong>situation die Weigerung <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme durch<br />
die betroffene Person ergeben. Hier ergeben sich eine Menge ethischer Dilemmata, die ohne<br />
professionellen Paternalismus im Sinne des Patienten abgewogen werden müssen.<br />
7.3 Prozess und Akteure<br />
Der <strong>Entscheidungs</strong>prozess für die <strong>Anlage</strong> <strong>einer</strong> PEG stellt ein komplexes und individuelles<br />
Verfahren dar, dessen Grundlagen allerdings häufig nicht transparent sind. Dies zumindest<br />
lässt sich nach <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Dokumentationen sowohl aus den Krankenhäusern als auch<br />
aus den Altenheimen feststellen. Nachvollziehbar ist lediglich <strong>der</strong> formale Akt, in dem nachgewiesen<br />
wird, wer letztlich "offiziell" die Einwilligung gegeben hat. Im Altenheim, insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei hochaltrigen und vor allem bei Menschen mit Demenz ist das <strong>der</strong> gesetzlich bestimmte<br />
Betreuer, in vielen Fällen ein Berufsbetreuer. Der Einbezug <strong>der</strong> Patienten o<strong>der</strong> Bewohner<br />
ist selten (vgl. auch (Becker, Hilbert, 2004). Auch bei Vorlage eines Betreuungsverhältnisses<br />
muss hier kritisch hinterfragt werden, ob das die Einbeziehung <strong>der</strong> betroffenen<br />
Person tatsächlich ausschließt.<br />
Die Art des <strong>Entscheidungs</strong><strong>prozesse</strong>s scheint weiterhin von den Personen abzuhängen, die<br />
zum Zeitpunkt mehr o<strong>der</strong> weniger zufällig da sind. Das bedeutet, dass die Prioritäten, das<br />
Engagement und die Kenntnisse dieser Akteure eine große Bedeutung für den <strong>Ablauf</strong> des<br />
<strong>Entscheidungs</strong><strong>prozesse</strong>s haben. Gespräche zwischen Angehörigen und Ärzten überwiegen.<br />
Angehörige scheinen oftmals überfor<strong>der</strong>t, wenn sie Verantwortung für die Entscheidung<br />
übernehmen sollen. Es ist unklar, ob sie zwischen ihrer eigenen Meinung und dem mutmaßlich<br />
Patientenwillen unterscheiden (können).<br />
Die Beteiligung <strong>der</strong> Pflegekräfte ist kaum dokumentiert, obwohl sie den Aussagen <strong>der</strong> Experten<br />
zufolge, Probleme mit <strong>der</strong> Nahrungsaufnahme in <strong>der</strong> Regel als erste wahrnehmen<br />
und damit einen <strong>Entscheidungs</strong>prozess auslösen können o<strong>der</strong> auch müssen. Sie sehen sich<br />
bisher vor allem als Informationsübermittler in diesem Prozess und fühlen sich genügend<br />
eingebunden (vgl. Todd et al., 2005). Das könnte darauf hinweisen, dass ihnen formal wenig<br />
Bedeutung beigemessen wird, im Gegensatz <strong>zur</strong> ärztlichen Profession, <strong>der</strong> auf rechtlicher<br />
Ebene die Aufgabe <strong>der</strong> Indikationsstellung und Aufklärung zukommt.<br />
Relativ klar ergibt sich auch aus den Dokumentationen, dass die gefor<strong>der</strong>ten minimalen<br />
rechtlich-ethischen Kriterien eingehalten werden, was dem geschil<strong>der</strong>ten Bedürfnis <strong>der</strong> Ex-<br />
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