Ablauf der Entscheidungs- prozesse zur Anlage einer perkutanen ...
Ablauf der Entscheidungs- prozesse zur Anlage einer perkutanen ...
Ablauf der Entscheidungs- prozesse zur Anlage einer perkutanen ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
7.4 Empfehlungen<br />
Ziel dieses Forschungsprojektes war es den <strong>Entscheidungs</strong>prozess vor <strong>Anlage</strong> <strong>einer</strong> PEG-<br />
Sonde darzustellen, um Anhaltspunkte <strong>zur</strong> Qualität dieses Prozesses zu gewinnen und die<br />
Relevanz für die Entwicklung <strong>einer</strong> <strong>Entscheidungs</strong>hilfe <strong>zur</strong> Optimierung des Prozesses zu<br />
ermitteln.<br />
Die Ergebnisse des Projektes bestätigen dass es sich bei untersuchter Population in Bezug<br />
auf ihre gesundheitliche und ernährungsspezifische Situation um eine Gruppe von Menschen<br />
handelt, bei denen ein sorgfältiger und individueller <strong>Entscheidungs</strong>prozess hinsichtlich <strong>der</strong><br />
<strong>Anlage</strong> <strong>einer</strong> PEG-Sonde obligat erscheint. Insbeson<strong>der</strong>e das vorwiegend hohe Alter <strong>der</strong><br />
Teilnehmer und die damit häufig einhergehende Multimorbidität sowie ein in vielen Fällen<br />
vorliegendes Betreuungsverhältnis, das offensichtlich mit kognitiven Einschränkungen <strong>der</strong><br />
betroffenen Personen zu begründen ist, sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben.<br />
Eine lückenlose Darstellung des <strong>Entscheidungs</strong><strong>prozesse</strong>s war anhand <strong>der</strong> Aktenanalyse<br />
nicht zu erwarten. Dennoch unterstützt die aufgezeigte geringe Transparenz und ein auf formale<br />
Aspekte beschränkte <strong>Entscheidungs</strong>findung die Notwendigkeit strukturieren<strong>der</strong> Hilfen.<br />
Gerade für problematische <strong>Entscheidungs</strong>situationen erscheint eine Handlungsorientierung<br />
sinnvoll und wird von den befragten Personen als auch von öffentlicher Seite (Gemeinsamer<br />
Bundesausschuss 2005; Löser et al., 2005) befürwortet. Hier scheint ein „Gesamtpaket“<br />
unterschiedlicher Maßnahmen angebracht.<br />
Herausgestellt werden muss vor allem die Bedeutung des mutmaßlichen Patientenwillens,<br />
<strong>der</strong> im Gegensatz zum Willen von Angehörigen, aber auch zum fachlichen Urteil <strong>der</strong> Professionellen<br />
stehen kann. Gültige Patientenverfügungen können stellvertretende <strong>Entscheidungs</strong>träger<br />
in ihrer Verantwortung entlasten. Wichtig ist ein möglichst aktueller und konkret<br />
auf die Ernährungssituation bezogener Eintrag. Neben Verfügungen erscheint auch ein stärkerer<br />
Gebrauch von Vorsorgevollmachten in gesundheitlichen Belangen für den Fall <strong>einer</strong><br />
Nichteinwilligungsfähigkeit eine Entscheidung im Sinne <strong>der</strong> Person zu erleichtern.<br />
Dazu bedarf es weiterhin <strong>einer</strong> Gesprächskultur, die nicht auf informelle Kontakte beschränkt<br />
bleibt. Den Empfehlungen zufolge (Callahan et al., 1999; Hasan et al., 1995; Todd et al.,<br />
2005) und entgegen geäußerter Skepsis sind hier die Einführung von Fallkonferenzen in<br />
beiden Settings sowohl innerhalb <strong>der</strong> professionellen Teams als auch mit allen Beteiligten -<br />
Patienten/Bewohnern, Angehörigen und gesetzlichen Betreuern - bei Bedarf einzuberufen<br />
und zu kultivieren. Das Instrument <strong>einer</strong> solchen Fallbesprechung käme dem Bedürfnis <strong>der</strong><br />
Pflegenden entgegen den Grad <strong>der</strong> Verantwortung nicht zwingend zu verän<strong>der</strong>n, ohne von<br />
<strong>einer</strong> begründeten <strong>Entscheidungs</strong>findung entlastet zu sein und gleichzeitig Einfluss ausüben<br />
zu können. An dieser Stelle hätte auch eine zu empfehlende systematische Überprüfung <strong>der</strong><br />
getroffenen Entscheidung mit <strong>Entscheidungs</strong>algorithmen ihren Platz.<br />
Eine auf die Person konzentrierte Organisationsstruktur mit Bezugspflegeelementen und<br />
verantwortlichen Ansprechpartnern könnte die Willkür im Prozess reduzieren und Informationslücken<br />
schließen. Das bestätigen die wenigen, aber positiven Erfahrungen einzelner befragter<br />
Ärzte und Pflegekräfte. Spezialisierungen im Bereich geriatrischer/gerontopsychiatrischer<br />
und palliativer Qualifizierungen bei<strong>der</strong> Professionen erhöhen die Fachkompetenz<br />
und sind für die Betreuung von alten Menschen auch in Bezug <strong>zur</strong> Frage <strong>der</strong><br />
PEG institutionsunabhängig auszubauen.<br />
Für die Zusammenarbeit <strong>der</strong> Institutionen erscheint es vor allem hilfreich, wenn eine<br />
Entscheidung nicht dem Zufall überlassen bleibt, son<strong>der</strong>n durch vorgeschaltete Bereiche<br />
bereits vorbereitet ist. Denkbar sind frühzeitige Gespräche mit den Betroffenen und die<br />
Mitgabe aller nötigen Dokumente o<strong>der</strong> Informationen bei einem Klinikaufenthalt, damit keine<br />
ungewollten o<strong>der</strong> unvorgesehenen Entscheidungen getroffen werden.<br />
Deshalb ist eine <strong>Entscheidungs</strong>hilfe beson<strong>der</strong>s für Altenheime von großer Bedeutung, auch<br />
um die Möglichkeiten und die Rolle <strong>der</strong> Pflegenden in diesem Prozess zu stärken. Denn sie<br />
sind diejenigen, die aufgrund <strong>der</strong> Nähe zu den Bewohnern und den Angehörigen den mutmaßlichen<br />
Patientenwillen erkunden und ggf. auch Einfluss auf die Qualität von Patientenverfügungen<br />
nehmen können. Hierzu bedarf es vermehrter Kenntnisse zum Thema, auch um<br />
150