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Ablauf der Entscheidungs- prozesse zur Anlage einer perkutanen ...

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perten nach juristischer Unangreifbarkeit entspricht. Inwiefern sich dokumentierte Entscheidungen<br />

inhaltlich an gefor<strong>der</strong>ten Kriterien und eines sorgfältigen Abwägens <strong>der</strong>selben orientieren,<br />

lässt sich anhand <strong>der</strong> Aktenanalyse nicht beurteilen. Nicht ersichtlich ist, wie klar hierbei<br />

<strong>der</strong> mutmaßliche Patientenwille tatsächlich zum Tragen kommt, noch wie gut <strong>der</strong> gesetzliche<br />

Betreuer diesen tatsächlich kennt. Dies wird beson<strong>der</strong>s deutlich durch die in beiden<br />

Dokumentenanalysen beobachtete extrem geringe Rolle von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen.<br />

Diese waren oft we<strong>der</strong> klar genug, noch explizit auf die Ernährungssituation<br />

bezogen. In <strong>der</strong> übergroßen Mehrzahl aller Fälle ist somit <strong>der</strong> mutmaßliche Patientenwille<br />

nicht darzustellen.<br />

Nicht ersichtlich ist ebenfalls, inwieweit inhaltlich ethische Dilemmata reflektiert und abgewogen<br />

werden. Hinweise hierzu können die Aussagen befragter Experten geben und zeigen,<br />

dass das Bedürfnis eine „richtige Entscheidung“ zu treffen durchaus entscheidungsleitend ist<br />

und dass Aspekte des Nutzens wie Lebensqualität und Lebenserwartung sehr wohl diskutiert<br />

und abgewogen werden. Ebenfalls erscheint gerade die Ermittlung des mutmaßlichen Willens<br />

bei vorliegen<strong>der</strong> Nichteinwilligungsfähigkeit beson<strong>der</strong>s problematisch und konfliktauslösend.<br />

Demgegenüber steht <strong>der</strong> in allen drei Herangehensweisen dieses Projektes aufgezeigte<br />

geringe Gebrauch von unterstützenden und strukturierenden Instrumenten <strong>zur</strong> <strong>Entscheidungs</strong>findung.<br />

Dazu gehören neben schriftlichen <strong>Entscheidungs</strong>hilfen mit Algorithmen<br />

auch systematisch organisierte Fallbesprechungen. Sie liegen bisher nicht vor, sind offenbar<br />

nicht klar genug o<strong>der</strong> ihre Brauchbarkeit wird in Zweifel gezogen. Hier besteht dringen<strong>der</strong><br />

Aufklärungsbedarf, vor allem da <strong>der</strong> Nutzen <strong>einer</strong> enteralen Ernährung bei Menschen mit<br />

Demenz äußerst umstritten ist und eines Nachweises bedarf.<br />

Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang auch die äußerst seltene Einbeziehung<br />

des Hausarztes in den im Krankenhaus stattfindenden <strong>Entscheidungs</strong>prozess wie auch die<br />

nahezu nicht vorhandene Kontaktaufnahme zu den Alten- bzw. Pflegeheimen <strong>der</strong> bereits<br />

vorstationär heimversorgten Patienten als klassische Schnittstellenproblematik. Hier wären<br />

sicherlich wichtige Informationen zum sozialen Gesamtkontext und zum mutmaßlichen Patientenwillen<br />

zu erhalten. Vor allem, da in vorliegen<strong>der</strong> Untersuchung ein Großteil <strong>der</strong> PEGs<br />

bei bereits pflegebedürftigen und in <strong>einer</strong> Pflegeeinrichtung betreuten Patienten gelegt wurde<br />

und in einigen Fällen keine Angehörigen <strong>zur</strong> Verfügung standen. An dieser Stelle muss daraufhin<br />

gewiesen werden, dass sich die Altenheimsituation durch ihren sozialpflegerischen<br />

Ansatz <strong>der</strong> Alltagsorientierung im Gegensatz <strong>zur</strong> stark medizinausgerichteten Krankenhaussituation<br />

auch durch ihre Dauerhaftigkeit und die Nähe zum medizinischen Personal unterscheidet.<br />

In vorliegen<strong>der</strong> Untersuchung wurde die Perspektive <strong>der</strong> Pflegenden in den Krankenhäusern<br />

nicht einbezogen. In <strong>der</strong> Befragung von Krankenhauspersonal (Borker 2002)<br />

konnten ähnliche Konflikte beim Essenanreichen und ein geringen Einbezug in die Entscheidung<br />

identifiziert werden.<br />

Drei grundsätzliche Probleme lassen sich für die vorliegende Untersuchung identifizieren.<br />

Zum einen erscheint die Rekonstruktion eines komplexen <strong>Entscheidungs</strong><strong>prozesse</strong>s <strong>zur</strong> Einleitung<br />

<strong>einer</strong> künstlichen Ernährungsbehandlung aufgrund retrospektiv erhobener Daten<br />

problematisch, da sich Lücken in <strong>der</strong> Dokumentation nicht aufklären lassen. Des Weiteren<br />

wurden ausschließlich solche Patienten/Bewohner erfasst, bei denen eine PEG-<strong>Anlage</strong> erfolgte,<br />

nicht hingegen jene Patienten, bei denen diese Maßnahme erwogen, letztendlich<br />

dann aber nicht durchgeführt wurde. Erst die Gegenüberstellung dieser beiden Patienten-/<br />

Bewohnergruppen würde eine Bewertung über den Zusammenhang <strong>einer</strong> künstliche Ernährung<br />

mittels PEG und dem faktischen o<strong>der</strong> mutmaßlichen Willen erlauben. Das dritte Problem<br />

bezieht sich auf die Selektion <strong>der</strong> Interviewteilnehmer und <strong>einer</strong> möglichen positivverzerrten<br />

Darstellung geschil<strong>der</strong>ter <strong>Entscheidungs</strong><strong>prozesse</strong> sowie <strong>der</strong> Schwierigkeit <strong>einer</strong> zeitlichen<br />

Zuordnung einiger Fallbeispiele, was die Rekonstruktion aktueller <strong>Entscheidungs</strong>findung<br />

anhand <strong>der</strong> Interviewdaten erschwert. Dies ließe sich am ehesten in Form <strong>einer</strong> prospektiven<br />

Untersuchung auflösen.<br />

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