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Archiv für slavische Philologie

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Tomko Marnavic als Fälscher des im J. 1222 geschr. glagolit. Psalters. 129<br />

dem Text der lateinischen Vulgata abweicht, wörtlich den lateinischen<br />

»iuxta Hebraeos«-Text abspiegelt, folglich auch nach dieser Vorlage seiner<br />

Zeit übersetzt worden ist. Auf einen Levakovic konnten die abweichen-<br />

den Lesarten des Marnavic'schen Textes Eindruck machen. In der Tat,<br />

wenn mit der Einschaltung einzelner Lesarten, ohne sie zu prüfen nach<br />

ihrem Werte, die Sache als abgetan gelten könnte, — so mag sich Levakovid<br />

den Tatbestand vorgestellt haben — müßte man sagen, man<br />

habe es wirklich mit einem <strong>slavische</strong>n Psalmentext zu tun, der sich offen-<br />

bar von dem lateinischen »iuxta-Hebraeos« -Psalter abhängig zeigt.<br />

Allein das genügt uns heute nicht. Um das von Marnavic angestrebte<br />

Ziel zu erreichen, d. h. um zu zeigen, daß diese angeblich uralte <strong>slavische</strong><br />

Psalmenübersetzung wirklich ausschließlich auf lateinischer Grundlage be-<br />

ruht, müßte sie auch an den übrigen Stellen, nicht bloß bei abweichenden<br />

Lesarten, ein ganz individuelles, von der üblichen Übersetzung unab-<br />

hängiges Gepräge zeigen. Das ist jedoch, wie wir gesehen haben, durch-<br />

aus nicht der Fall. Marnavic nahm im Gegenteil einen gewöhnlichen<br />

glagolitischen Psalmentext zur Hand, zog wahrscheinlich irgend welchen<br />

kyrillischen Psalter gleichfalls zu Rate, vollzog seinen Umgestaitungs-<br />

prozeß an diesem längst fertigen Körper, dessen Organismus durch die<br />

eingepfropften einzelnen Lesarten nicht gänzlich umgeändert werden<br />

konnte. So kam eine Mischung zustande, die zwar Levakovic nicht<br />

wahrnahm, wir aber sehen und fühlen sie und lassen uns von den Be-<br />

hauptungen Marnavic's nicht irre führen. Wenn ein so beschaffener<br />

Psalmentext je vorhanden gewesen wäre, wie er dem Levakovic unter-<br />

schoben wurde, so müßte er in der langen Zwischenzeit — ich rede nur<br />

vom Jahre 1222 an — Vervielfältigungen, Abschriften, Beeinflussung<br />

anderer Psalmentexte usw. verursacht haben, wovon nicht die geringste<br />

Spur zu finden ist. Wie wir oben sahen, gerade die Merkmale, durch die<br />

Marnavic die Abhängigkeit seines Psalmentextes von der latein. Vorlage<br />

Hieronyms » iuxta Hebraeos« dartun wollte, sind sonst nirgends nachweis-<br />

bar, sie waren und blieben bis auf den heutigen Tag sein Eigentum, das<br />

zum Teil seinen nationalen Hintergrund verrät und in dem altkirchensla-<br />

vischen Sprachschatz entweder gar nicht nachweisbar ist oder nicht <strong>für</strong><br />

die Periode, in welche die echte Psalmenübersetzung fällt. Was soll man<br />

erst dazu sagen, daß der vorgeschobene Clericus Nicolaus Arbensis sich<br />

auf ein Exemplar beruft, das zur Zeit des letzten Erzbischofs von Salona,<br />

vor der Zerstörung dieser Stadt durch die Barbaren im VH. Jahrb.,<br />

namens Theodorus, geschrieben worden sein soll! Es ist doch merk-<br />

ArchiT <strong>für</strong> <strong>slavische</strong> <strong>Philologie</strong>. XXXIII. 9

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