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Archiv für slavische Philologie

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Kritischer Anzeiger.<br />

das Volk auffaßt. Diese Lieder zeigen uns, in welchem Verhältnis die süd-<br />

<strong>slavische</strong>n Christen zu den Türken standen.<br />

Im IL Kapitel »Kappers Gesänge der Serben und Karadzics CpncKe na-<br />

poÄue njecMe« zeigt der Verfasser das Verhältnis von Kappers Übersetzungen<br />

zum Original. Im großen ganzen stimmen die Übertragungen und das Original<br />

überein, nur in dem Gedichte »Wuk Andjelitsch« hat Kapper zwei serbische<br />

Versionen vereinigt. Er hat mit Absicht aus beiden Versionen gewisse Partien<br />

herausgenommen, um eine lebendigere Handlung und wirksamere Szenen zu<br />

erzielen. Krejci findet aber eine große Reihe von Verstößen und Fehlern, die<br />

sich Kapper bei seiner Übersetzung zuschulden kommen ließ. Besonders<br />

macht er ihm zum Vorwurf, daß er den epischen Charakter des Originals häufig<br />

nicht wahrte. Ein charakteristisches Merkmal der serbischen Volksdichtung<br />

ist die epische Breite, welche besonders dadurch erzielt wird, daß sich ganze<br />

Partien wörtlich wiederholen. Kapper setzte sich in seiner Ungenauigkeit über<br />

diese wichtige Erscheinung einfach hinweg (in »Die beiden Jakschitsch Frauen«,<br />

»Wie Stojan Jankowitsch die schöne Slatia erwirbt«, »Der kleine Raduiza«<br />

u. a.). Er verletzte den serbisch epischen Charakter weiter dadurch, daß er die<br />

Wiederholung desselben Wortes oder desselben Ausdruckes am Anfange und<br />

Ende eines Verses ausläßt (<br />

Jakschitsch Stiepan«, »Stojan Jankowitsch« u. a.).<br />

Kapper verstößt nicht nur gegen die epische Breite, sondern auch gegen eine<br />

gewisse Kürze und eine strikte Ausdrucksweise der serbischen Volkslieder.<br />

Statt eines einzigen Ausdruckes wählt er manchmal drei. Durch Parallelen<br />

zeigt uns Krejci, wie Kappers Text gegenüber dem Original angewachsen ist<br />

(>KeHu;i,ua ÜBa Ceibaninia;. Andere Mängel wurden herbeigeführt durch unpas-<br />

sende und geschmacklose Wiedergabe des Originals sowie durch dessen falsche<br />

Auffassung. Ferner hat Kapper willkürliche, vollständig unbegründete Veränderungen<br />

vorgenommen. Er ließ einerseits Worte, Ja ganze Stellen aus, an-<br />

dererseits schaltete er wieder Verse ein, die im Original nicht vorhanden sind.<br />

Ein starkes Vergehen ist es, wenn Kapper die Epitheta des Originals verän-<br />

derte oder ganz ausließ. Da hätte er sich an das Original halten müssen.<br />

Schließlich veränderte er die Reihenfolge mancher Verse, verstärkte manche<br />

Ausdrücke des Originals, während er andere wieder abschwächte und milderte.<br />

Aus alledem sehen wir. daß sich Kapi)er nicht die Grundsätze Grimms,<br />

auch nicht die der Talvj vor Augen gehalten hat, denn letztere verlangte eine<br />

wörtliche Übersetzung, insofern der Geist der deutschen Sprache darunter<br />

nicht leidet i).<br />

Nach der Lektüre dieses Kapitels in Krejcis Buche gewinnt man den<br />

Eindruck, daß Kappers »Gesänge der Serben« ein vollständig mißlungenes<br />

1) In der »Union« 1909, Nr. 159 wurde Kapper von Krejci günstiger be-<br />

urteilt : »Man wird sich wundern, wie sich der Dichter von seiner nach dichterischem<br />

Ausdruck ringenden Unbeholfenheit zu einer Gewandtheit aufzuschwingen<br />

wußte, die in seinen epischen Rhapsodien und Zyklen<br />

davon Zeugnis ablegt, daß er es verstanden, sich die charakteristischen<br />

Merkmale der Volkspoesie anzueignen und in<br />

einzudringen.«<br />

sie

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