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Archiv für slavische Philologie

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Kritischer Anzeiger.<br />

und Autorität Urteile zu fällen; als Prähistoriker erlaubt er sich auf fremdes<br />

Besserwissen sich zu stützen und zu berufen. Mit der Zeit gelingt es ihm auch,<br />

hier etwas nachzuholen. Auf einen Wink der Kritik hat er bereits das<br />

archaistische Volksleben bei den Südslaven und Russen, vor allem den Weiß-<br />

russen, in den Kreis seiner Forschung hineingezogen. Indessen muß er hier<br />

z. B. statt des Quellenwerkes von Bogisic die Kompilation von Krauß seiner<br />

Synthese zugrunde legen.<br />

Die Kelten, speziell die Goidelen nnö. ihr irischer Zweig mit seinem<br />

Reichtume an Gewohnheitsgesetzen, kommen bei 0. Schrader auch jetzt sehr<br />

kurz weg: einige zufällige Notizen aus O'curry dürfen doch nicht die mehrbändigen<br />

»Ancient Laws of Ireland »und die Forschungen von Fr. Seebohm<br />

ersetzen. In seinem jetzt uns vorliegenden Bändchen sucht 0. Schrader >die<br />

bekannteren Sprachen, Deutsch, Lateinisch und Griechisch, so weit es anging,<br />

in den Mittelpunkt der Beweisführung zu stellen« und hofft dabei »bei den sel-<br />

tener behandelten Fragen, die dasGeseüschaftsleben. das Recht, die Sitte, die<br />

Religion des Urvolkes aufgeben, verweilen zu können«. Indessen bleiben hier,<br />

wie auch in den mehrbändigen Werken von Schrader, das skandinavische,<br />

das angelsächsische und überhaupt das niederdeutsche Recht ganz außeihalb<br />

des Starts, sogar die Bearbeitungen dieser Rechte bei Konrad Maurer, bei<br />

V. Amira, bei Fockema Andreae, bei Fr. Seebohm werden in der sonst er-<br />

schöpfenden Bibliographie unberücksichtigt und unerwähnt gelassen.<br />

0. Schrader erklärt die Arbeitsmethode B.W. Leist's <strong>für</strong> verfehlt. Aber wer<br />

hindert uns, die Erforschung des »Altarischen Jus Civile« nach einer richtigen<br />

Methode in den Kreis unserer Studien zu ziehen? Ein Beispiel aus dem<br />

irischen Senchus Mor: Wenn der Schuldner zu den Häuptern des Volkes gehört<br />

und trotz der ihm angekündigten Forderung des Gläubigers die Zahlung der<br />

Schuld verweigert, so muß der Gläubiger vor dessen Hause eine gewisse<br />

Zeit fasten (troiscim, »ich faste*; Troscad, »das Fasten«), d.h. sich der Speise<br />

enthalten; erst wenn die Frist des Fastens vorbei ist, darf er auf gesetzlichem<br />

Wege ein Pfand bei dem Schuldner, bestehend aus Vieh, mit Beschlag belegen.<br />

Mit dieser Art, einen moralischen Druck auf den Schuldner auszuüben, wird<br />

nun das altindische Acharitan, dherua zusammengestellt. Man kann sich kaum<br />

vorstellen, daß etwas so eigenartiges unabhängig voneinander in Irland und<br />

Indien entstanden wäre! Jedenfalls verdient diese Sitte eine Besprechung.<br />

Alles das fehlt indessen in dem »Reallcxikon« 0. Schraders beim Worte<br />

»Fasten«. Die Überreste der Blutrache, des Animismus und des Perunkultes<br />

verfolgt Schrader nur bei den Russen; <strong>für</strong> die nordische Mythologie, wo<br />

der Übergang vom Animismus zum Naturalismus reichlich belegt ist, hat er<br />

wenig Interesse. Und doch sollte man überhaupt zuerst die Frage aufwerfen,<br />

was an dem Peruukulte vom nordischen Th6rr kleben geblieben, wo die<br />

»Russkaja Pravda« das <strong>slavische</strong>, wo das skandinavische Recht auseinan-<br />

dersetzt ?<br />

Der Gedanke, einen berühmten Fachmann, wie 0. Schrader, meistern zu<br />

wollen, liegt uns natürlich ganz fern. 0. Schrader hofft, wie es in der »Vor-<br />

rede« heißt, »daß das Buch auch jedem gebildeten Nicht-Philologen verständ-<br />

lich sein wird.« Im Interesse dieser Nicht-Philologen beanspruchen wir nur

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