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Archiv für slavische Philologie

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Chalupny, Jungmanii, angez. von Donath. 573<br />

Voltaires Schriften erweckte in Jungmann eine große Vorliebe <strong>für</strong> diesen<br />

französischen Satiriker. Vielfach stimmte er Voltaires Anschauungen bei.<br />

Wir erklären uns das teils durch die damaligen Verhältnisse, teils dxxrch<br />

Jungmanns Schicksal. In Voltaires Satire fand er die Abneigung gegen die<br />

ungebildete Menge, die auch ihm eigen war und den überströmenden Geist<br />

und die Schärfe, die ihm imponierte. Daß die Begeisterung <strong>für</strong> Voltaire ihn<br />

nicht hinderte, manche Jesuitenregel anzunehmen, ist schon gesagt worden.<br />

Schließlich behandelt Chalupny Jungmann als Politiker. Er war ein<br />

Radikaler von gröbstem Korne. Er verfolgte alle politischen Erscheinungen,<br />

erfasste sie mit einer seltenen Schärfe und seine Meinungen darüber gingen über<br />

seine Zeit weit hinaus. Wie ein Seher hat er vieles geahnt, was sich später<br />

eingestellt hat, vieles auf Grund seiner Ahnung ausgesprochen, was später<br />

seine Bestätigung erfahren hat. Die Taktik, deren sich Jungmann bei seinen<br />

patriotischen Aufklärungsarbeiten bediente, entspricht aber seinem Eadikalismus<br />

nicht. Nur in Briefen an seine intimen Freunde ließ er sich zu den<br />

schärfsten Worten hinreißen (Nasim rasum mä Slezsko se dostati, naproti<br />

Polsko vzato byti, lO./VIII. ISll an Marek. Srby mäm starost, aby se<br />

nedostali pod to pekne panoväni E. — , 26./III. 1812 ebenfalls an Marek).<br />

Sonst ging aber Jungmann mit der größten Vorsicht ans Werk. Es wäre<br />

sehr verwegen und unklug, weil <strong>für</strong> sein Aufklärungswerk unvorteilhaft, ge-<br />

wesen, zur Zeit Metternichs seinen radikalen Anschauungen einen ebenso<br />

radikalen Ausdruck zu geben. Damit hätte er mehr verdorben als verbessert<br />

und die junge Bewegung wäre im Anfange unterdrückt worden. Die Vorsicht<br />

machte man ihm später zum Vorwurfe und zieh ihn der Furchtsamkeit und<br />

Unaufrichtigkeit. Chalupny sucht nun (S. 141—164) Jungmann gegen diese<br />

Vorwürfe zu verteidigen und sein Vorgehen zu rechtfertigen. Jungmann<br />

suchte die Unfähigkeit und Kurzsichtigkeit der Metternichschen Regierung,<br />

die er mit seinem scharfen Blick sehr bald erkannt hatte, auszunützen. — Er<br />

bediente sich dabei einer großen Vorsicht und empfahl eine solche auch<br />

seinen Freunden. Am •5./VII. 1810 schreibt er an Marek: sVyborne pravite, ze<br />

mäm to k lepsimu, ana näs vläJa (aus Vorsicht cyrillisch geschrieben) zaNemce<br />

drzi. Bene vixit, qui bene latuit! Tim samym jsem Väm psal, abyp. Cebis do<br />

hnizda vosiho nepichal, ale radeji, müze-li co potaji a nepatrne (= nepozorovane)<br />

vlasti ceske nepomähal, a tak my vsichni delejme.« Er verlangt, daß<br />

auch die Zeitschriften von den nationalen Fortschritten vorsichtig schreiben<br />

und nicht alles ausplauschen. Am 22./II1. 1829 schreibt er an Kollär: »Uskodila<br />

chlouba ve Videiiskych listech o nasi literatufe polozeuä. a mnoh6 soky<br />

a zävistniky nära vzbudila.« In großer Sorge um sein Lebenswerk, die<br />

Wiedererweckung des Volkes und der Literatur, im Anblicke der drohenden<br />

Gefahr und der Übermacht der Feinde greift er zur Jesuitenregel: »Mundus<br />

vult decipi, ergo decipiatur,« wobei mit >mundus« die Regierung zu ver-<br />

stehen ist.<br />

In Erstaunen versetzt uns seine Ansicht über die Bedeutung Österreichs<br />

<strong>für</strong> das cechische Volk. Trotz seiner Abneigung gegen Wien sagte er einmal<br />

dem Zensor Zimmermann auf die Frage, wie lange noch die Herrschaft<br />

Österreichs über Böhmen dauern werde, »Modleme se, aby trvalo vecne . . .,

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