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und Land, der Mittelweg immer für <strong>die</strong> Kaiser, Plätze für Mandarine,<br />
Konkubinen und Frauen, durch das „Tor der Glorreichen Tugend“<br />
in den “Tempel der Segensreichen Wohltat“ über den „See<br />
der Makellosen Klarheit“ hin zum „Pavillon der Ewigen Klarheit“,<br />
hinter dem sich dann auf der höchsten Ebene das Grabmal befindet.<br />
Die eigenwilligen Merkmale der Grabmäler von Khai Dinh<br />
und Tu Duc verlieren sich in der Erinnerung.<br />
Auf dem Weg zum Roten Fluss<br />
Fr e i t a g, 03.09.2010<br />
Mir altem Esel ist zum Heulen – es ist kurz vor 0600. Ich<br />
nehme Abschied von m<strong>eine</strong>r Veranda, von den Rattanstühlen<br />
und dem -tisch, streichele jedes Palmblatt, das über <strong>die</strong> Brüstung<br />
reicht, spreche mit den blühenden Hibiskus. Jenseits des Lotusteichs<br />
haben m<strong>eine</strong> Engel schon das Frühstück bereitet – warum<br />
nicht heulen? „Partir, c‘est toujours un peu mourir“ - Paul<br />
Verlaine‘s Verse fallen mir ein „Les sanglots longues des violons<br />
de l‘autumne blessent mon coeur d‘une longeure monotone“.<br />
Lange Schatten des Herbstes - alles ist auf Abschied gerichtet.<br />
Lian hat vor wenigen Tagen, Rüdiger vor ein paar Monaten, Ingrid<br />
ihren Todeskampf vor Jahren begonnen und am 05.09.2001<br />
Abschied genommen, Friedel schreibt „von den letzten Fragen“.<br />
Immer wenn ich auf grosser <strong>Reise</strong> bin, ist Sterben angesagt: Am<br />
15.07.1970 stirbt Oma Berg, als wir gerade bei <strong>eine</strong>r balinesischen<br />
Verbrennungsfeierlichkeit sind, k<strong>eine</strong> Botschaft erreicht uns; am<br />
24.08.1977 stirbt Opa Berg, als wir gerade von <strong>eine</strong>r Englandreise<br />
zurück sind.Vater Heinrich stirbt am 07.08.198 8, als wir uns<br />
gerade aus Cairns verabschiedet haben, ohne dass uns <strong>eine</strong> Botschaft<br />
erreicht - und dann <strong>die</strong> vielen Gräber entlang der Bahnlinie,<br />
<strong>die</strong> einzigen sichtbaren Zeugen <strong>eine</strong>r verwüsteten Vergangenheit.<br />
Das Sterben umspielt mich. Ich fürchte den Anruf aus<br />
Spangenberg.<br />
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