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chen vom Jiao (0,1 Yüan) bis 100 Yüan. Die tiefste Ehrerbietung<br />
finde ich an den Stupas, <strong>die</strong> inmitten des Potala <strong>die</strong> mumifizierten<br />
Körper des 5. bis 13. Dalai Lama enthalten – mit Ausnahme des 6.,<br />
der irgendwie verschwunden ist, weil sich das Orakel bei der Auswahl<br />
vertan hatte, erklärt mir m<strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong> Jade. Wir durchstreifen<br />
in <strong>eine</strong>r vorgegebenen Besucherstunde – überschreiten kostet<br />
1000 Y – 35 kl<strong>eine</strong> Kapellen, vier Meditationshallen, in denen<br />
<strong>die</strong> Mönche meditieren, während <strong>die</strong> Pilger <strong>die</strong> Halle umrunden.<br />
Höhepunkte aber sind <strong>die</strong> Grabchorten der Dalais, wobei <strong>die</strong> des<br />
5. und Gründers mit 14,85 m natürlich <strong>die</strong> höchste Stupa erhält,<br />
knapp gefolgt von dem 13., dessen Stupa 14,00 m erreicht. Skulpturen<br />
der befreundeten Qing-Dynastie – der Kaiser mit s<strong>eine</strong>r chinesischen<br />
Frau und s<strong>eine</strong>r nepalesischen Gemahlin - finden sich<br />
ebenso wie <strong>die</strong> reich mit Türkisen, Achaten, Korallen und Perlen<br />
geschmückten Kapelle des Boddhisatva Avalokiteshvara, dem<br />
„Lehrer der Barmherzigkeit“.<br />
Um Erbarmen muss auch ich in <strong>eine</strong>m Einwurf bitten mit <strong>eine</strong>r<br />
Reflektion m<strong>eine</strong>r zivilisatorischen, christlich-abendländisch<br />
geprägten Arroganz. Nun wähnte ich, dass m<strong>eine</strong> Aufnahmefähigkeit<br />
für asiatische Mentalität und Kultur nach 40 Jahren einigermassen<br />
gestärkt ist. Das ist leidlich unbestreitbar, soweit<br />
es für mich gilt. Ich beschreibe <strong>die</strong> Kulte, weiss um <strong>die</strong> Lehren<br />
und Schulen einigermassen bescheiden Bescheid, mag mich Sitten<br />
und Gebräuchen suchend anzupassen und einzufügen – und<br />
trotzdem bleibe ich immer „ich“. Ich komme nicht raus aus m<strong>eine</strong>m<br />
Sack: Wir benutzen <strong>die</strong>selben Begriffe, aber sie haben nicht<br />
<strong>die</strong> gleichen Inhalte und Definitionen, wenn es denn im asiatischen<br />
Denken überhaupt der Definition bedarf. Denn <strong>die</strong> wortscharfe<br />
Abgrenzung westlicher Dialektik ist als Gebilde der Aufklärung<br />
dem asiatischen Denken fremd und daher praktizierte<br />
Ausgrenzung, wo <strong>die</strong> asiatische Mentalität/Kultur/Filosofie/Sitte/Religion<br />
eher sich widerspruchsfrei einrichtet – musjawarah.<br />
So bleiben wir einander unüberbrückbar fremd, selbst wenn wir<br />
<strong>die</strong> gleiche Sprache mit den gleichen Begrifflichkeiten benutzen:<br />
Sie lösen jeweils andere, auch <strong>gegen</strong>läufige Assoziationsprozesse<br />
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