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Einsamkeit<br />
M i t t w o c h, den 04.08.2010<br />
Ich schlafe bei leichtem Fan auf der Bettdecke, unter dem Laken<br />
ist es feucht und wird mit dem Fanwind über Nacht sogar<br />
kühl. Um 0400 werde ich regelmässig wach, <strong>Zeit</strong> zu horchen,<br />
wenn der nahe Muezzim s<strong>eine</strong> gurrende Stimme per Lautsprecher<br />
über <strong>die</strong> Orte schickt. Ich zweifle, ob ich mir ein Solitairespiel<br />
antue, <strong>die</strong> Geschichte von Adam und Cathy in „Jenseits von<br />
Eden“ weiter verfolge – John Steinbeck ist ein brillianter Erzähler<br />
mit <strong>eine</strong>r einfühlsamen Charakter- und <strong>Zeit</strong>beschreibung – oder<br />
einfach nur weiterschlafe, der Morgen dräut.<br />
Um 0730 ist regelmässig Frühstückszeit – ich bevorzuge <strong>die</strong><br />
asiatischen Angebote, Nasi oder Mie in allen Variationen, dazu<br />
ein Früchteyoghurt, ein bis zwei Tassen Tee mit Zucker, zum Abschluss<br />
<strong>eine</strong>n Pancake mit Ahornsirup – für 480 RM ist hier an<br />
alles gedacht. Besonders an <strong>die</strong> europäisch angepassten Preise: da<br />
kostet ein „Tiger“gleich 19 RM, ein „Guiness“ 25 RM. Die Mädchen<br />
im Service tragen alle weisse Kopftücher, Isa strahlt darunter –<br />
sie hat ihre Wangen ein wenig mit rouge eingefärbt und stellt sich<br />
als Praktikantin vor. Mit ihrem unbeholfenen Englisch schlägt sie<br />
sich an der Omelettpfanne ganz gut. Gegen 0900 ist Aufbruch<br />
angesagt, das am besten getrocknete T-Shirt wird von der L<strong>eine</strong><br />
geholt, es dauert ja nicht lange, bis dass es wieder nass ist – und<br />
mit der Restfeuchtigkeit kühlt es angenehm auf der Haut, wenn<br />
ich in <strong>die</strong> drückende Schwüle vor mein Chalet trete. Heute finde<br />
ich endlich <strong>die</strong> Schilder zum Kubuk Simpon, dem Schwimmplatz<br />
am Tahanfluss. Und wirklich, auf dem schmalen Pfad bin ich nahezu<br />
allein, er klettert leidlich präpariert an Baumwurzeln hoch,<br />
rutscht zu den Bächen hin ab, umgeht <strong>eine</strong> zerborstene Brücke,<br />
übersteigt gefallene Riesen – wildromantisch. <strong>Zeit</strong>, das Fernglass<br />
zu nutzen, den Vögeln beim Zwitschern in den Zweigen zuzuschauen<br />
und zu hören.<br />
Braungold <strong>die</strong> Fluten am Schwimmplatz – ohne <strong>eine</strong> Menschenseele.<br />
Blätter segeln den Fluss hinab, <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong> Strom-<br />
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