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eine Reise gegen die Zeit

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ende Wirkung der zweiten Drachenfrucht treibt mich in mein<br />

kl<strong>eine</strong>s beschauliches Stelzenhaus, wo ich endlich m<strong>eine</strong>n Steinbeck<br />

„Jenseits von Eden“ lesen kann, nachdem ich mich bereits an<br />

„Strasse der Ölsardinen“, <strong>die</strong> Cannery Row in Monterey erfreut<br />

habe.<br />

Die Stunden verfliegen unter den Händen des Masseurs und<br />

dem seligen Nichtstun. Lesen, Schwimmen, westliche Live-Musik<br />

in der Lobby hören, den Wirkungen von Pitayas bei Google nachjagen.<br />

Trotz der wunderschönen Lage wirkt <strong>die</strong> Anlage nüchtern,<br />

ja kalt – das liegt wohl auch an dem Personal, das Kopftuch trägt<br />

– kein Lachen, kein überflüssiges Wort: siehe oben. Ein fänomenaler<br />

feuriger Tropenhimmel verabschiedet den klammen Tag.<br />

Zwei Stunden Lesen schenke ich mir am Morgen, wenn sich in<br />

der Dämmerung <strong>die</strong> Stimmen der Natur immer lauter erheben,<br />

selbst <strong>die</strong> Eichhörnchen geben auf den Ästen ihren Kommentar,<br />

während sie offensichtlich in der Nacht ihre Nüsse auf m<strong>eine</strong>m<br />

Balkon geknackt – und ihren Haufen abgesetzt haben. Menschliche<br />

Stimmen mischen sich joggend ein. Der Morgen ist voller<br />

Zärtlichkeit in s<strong>eine</strong>m verdunsteten Blau. 1000 mache ich mich<br />

auf den Weg, den mein GPS noch nicht einprogrammiert hat:<br />

<strong>die</strong> dritte Ost-West-Traversale Kuala Berang nach Gua Musang<br />

– 100 km frische Strasse durch den Urwald, zum Teil vierspurig<br />

angelegt, im Minutentakt passieren mich <strong>die</strong> Holzlaster, <strong>die</strong> sich<br />

schwer im Aufgang der steilen Berge stellen. Dann melden sich<br />

auch schon <strong>die</strong> Kahlschläge – der Urwald greift nicht nach dir, er<br />

streckt dir <strong>die</strong> nackte Zunge heraus. Anschliessend verheilen <strong>die</strong><br />

Wunden mit Ölpalmen.<br />

Ich zweifle an m<strong>eine</strong>r eigenen Lauterkeit: Wollte ich ohne<br />

Holzmöbel, etwa in Acryl-Plastik leben? Ja, aber – einheimische<br />

Hölzer Esche, Buche, Birne. Die hiesigen Hölzer sind auch einheimisch,<br />

ihnen wird nur <strong>eine</strong> grössere klimatische Bedeutung zugeschrieben:<br />

welchen Anspruch haben wir eigentlich darauf, dass<br />

alles immer so bleibt wie es ist. Alles fliesst. Nichts bleibt so wie es<br />

ist, wenn es sich nicht ändert, haben wir den Alten zugerufen, als<br />

wir sie noch bessern wollten. Nun denn Welt, walte. Ein frisches<br />

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