Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
266 Besprechungen<br />
"daß sie nur dann umgesetzt werden soll, wenn dies keine negativen Folgen für<br />
die Arbeitsbedingungen hat, sondern der Erleichterung bzw. Abschaffung<br />
schwerer körperlicher und schematisch-monotoner Arbeit dient." (105) Hanstein<br />
fehlen jedoch stoffliche Belege und konkrete Hinweise, die beweisen, daß die<br />
Technik unter sozialistischen Gesellschaftsbedingungen über zweifellos verbesserte<br />
Anwendungsbedingungen hinausgehende qualitativ unterschiedene Formen<br />
annimmt. Nützlich und notwendig für die Thesen der Autorin wäre auch eine<br />
systemvergleichende, am Material erwiesene Einschätzung der mit der technischen<br />
Umwälzung durch Automatisierung einhergehenden Folgen für die Arbeitskräfte<br />
und ihre Entwicklungsmöglichkeiten gewesen. Es muß kritisch angemerkt<br />
werden, daß sie die Herausbildung der Voraussetzungen für die Aufhebung<br />
der Trennung von Kopf- und Handarbeit, wie sie sich auf Grund der Automation<br />
auch schon im Kapitalismus vollzieht, vielleicht unterschätzt; angeführte<br />
Beispiele zur Reintegration von Planungs- und Ausführungstätigkeiten an computergesteuerten<br />
Werkzeugmaschinen sind auch in westdeutschen Werkstätten<br />
zu beobachten, denn sie ist technisch notwendig. Auch in der BRD spitzt sich<br />
der Widerspruch zwischen der Produktivkraft Automation sowie ihren notwendigen<br />
Arbeits- und Organisationsformen zu der kapitalistischen, nach tayloristischen<br />
Methoden gegliederten Hierarchie zu.<br />
In der technisch-ökonomischen Entwicklung der Industriearbeit in der DDR<br />
erkennt Hanstein als Haupttendenzen einen bedeutenden Rückgang schwerer<br />
körperlicher Arbeit, zugleich einen Anstieg des Anteils geistiger, schöpferischer<br />
Tätigkeiten und der noch stärkeren Zunahme von Kontroll- und Überwachungstätigkeiten<br />
(142); einhergehend nahm der Anteil der Facharbeiter außerordentlich<br />
stark zu und der der an- und ungelernten Arbeitskräfte nahm stark ab. Zugleich<br />
vollzog sich eine technische Entwicklung, die aus einer breiten Mechanisierung<br />
und einer schon kräftig einsetzenden Automatisierung besteht; dieser<br />
Prozeß vollzog sich aber offenbar langsamer als der erstere, so daß den industriellen<br />
Arbeitsplatzanforderungen ein Qualifikationsüberhang gegenübersteht.<br />
Daraus resultieren ungleiche Chancen der Aufhebung der Trennung von Handund<br />
Kopfarbeit für die Individuen an konkreten Arbeitsplätzen und infolgedessen<br />
Unzufriedenheit mit der Arbeit, obschon sich gesamtgesellschaftlich langsam<br />
und beständig eine Aufhebung der Trennung vollzieht. "Das Problem ist<br />
also, wie in die Tätigkeit der Arbeiter bzw. Arbeitskollektive im materiellen Produktionsprozeß<br />
schöpferische Elemente eingebracht werden können bzw. wie<br />
diese Tätigkeiten als ganze schöpferische Arbeit für das Individuum werden."<br />
(153) Unter geistigem Schöpfertum versteht man "aktive Wirkung des Menschen<br />
in Richtung auf höhere ökonomische Rationalität des Arbeitsprozesses,<br />
auf die Weiterentwicklung und auf die Herbeiführung neuer wissenschaftlichtechnischer<br />
Lösungen bei der Gestaltung und Organisation des Produktions- und<br />
Arbeitsprozesses, auf die EntWicklung neuer höherer Formen der gesellschaftlichen<br />
Beziehungen der Werktätigen zueinander" (154). Schöpfertum wird als<br />
"Kombination von schöpferischer geistiger und körperlicher Arbeit, von Neuschaffen<br />
und Vervollkommnen vorhandener Arbeitsmittel, -gegenstände, Erzeugnisse<br />
sowie von erstmaliger Lösung und Nachnutzung im Prinzip schon<br />
vorhandener Lösungen" begriffen. Die Lösungsstrategie für das Problem der relativen<br />
und transitorischen Überqualifizierung mündet in die Verbindung von<br />
Arbeits- und Lernprozefl, in die aktive Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch<br />
die Belegschaft selbst und in das Neuererwesen.<br />
Damit ist aber das Problem entstanden, wie die Beteiligung nicht nur der<br />
DAS ARGUMENT 10211977 ©