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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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236 Ra/ael de la Vega<br />

schon damals mit einem Kopfschütteln quittiert hat, muß sich heute angesichts<br />

der Entwicklung in Portugal und der offen konservativen und antikommunistischen<br />

Politik der PSP fragen, ob damals nicht eine falsche Einschätzung seitens<br />

der italienischen und der spanischen Partei vorlag, die die nicht zu leugnenden<br />

Irrtümer der PKP für gewichtiger als die antimarxistische Linie der PSP hielt<br />

und sie entsprechend schärfer kritisierte. Ist prinzipiell jede Kritik an einer Bruderpartei<br />

legitim, wenn sie solidarisch und loyal geübt wird, so ist sie es nicht,<br />

wenn sie in aHer Öffentlichkeit und mit unnötiger Schroffheit geführt wird.<br />

Noch mehr aber müssen wir die plakative Unterstützung einer Partei verurteilen,<br />

die im Namen einer konservativen Politik gegen eine Bruderpartei zu Felde<br />

zieht. -War die Haltung der spanischen KP gegenüber der portugiesischen eine<br />

Facette mehr in der von allen drei großen Parteien Westeuropas proklamierten<br />

Loslösung von der allgemeinen Linie der KPdSU und der anderen Parteien der<br />

sozialistischen Gemeinschaft? Das stimmt mit Sicherheit, obwohl hier auch andere<br />

subtilere Probleme mitgespielt haben sollen, wie sie zwischen Parteien und<br />

Ländern immer bestanden haben, die eine ähnliche historische, geographische<br />

und politische Beziehung miteinander haben wie Spanien und Portugal. Wer die<br />

Distanzierung von der politischer Linie der KPdSU und die Betonung eines eigenen,<br />

nationalen Weges zum <strong>Sozialismus</strong> als unsolidarische, ja antimarxistische<br />

und verräterische Haltung verurteilt, soHte nicht nur bedenken, wie selbstgerecht<br />

und sogar unsolidarisch diese Haltung selbst sein könnte, sondern sich auch fragen,<br />

ob er tatsächlich genug informiert ist, um objektive Urteile zu fassen, anstatt<br />

vielleicht fleißig gelernte Prinzipien einer Realität aufzwingen zu wollen, die<br />

leider nicht so ist, wie sie nach diesen Prinzipien vielleicht sein "sollte". In diesem<br />

Punkt könnten wir vor einer Verallgemeinerung speZifisch deutscher Anschauungen,<br />

Tendenzen, Konflikte und Perspektiven nicht eindringlich genug<br />

warnen, so z. B. in bezug auf die Bedeutung und das politische Gewicht des Antisowjetismus<br />

als potenzierter Form des Antikommunismus oder auf die Einschätzung<br />

des national-historischen Selbstbewußtseins.<br />

Was Spanien betrifft, so ist es eine nicht wegzuleugnende Tatsache, daß die<br />

besonderen geschichtlichen Bedingungen nach dem Sieg des Faschismus die KP<br />

in eine starke Abhängigkeit von der KPdSU gebracht haben. Dies war gerade in<br />

den Zeiten des Stalinismus eine alles andere als bequeme Lage, und die spanischen<br />

Kommunisten haben unter dieser Bevormundung noch lang Zeit leben<br />

müssen'·. Die Versuche, aus dieser zwangsläufigen politischen Unmündigkeit<br />

herauszugelangen, brachten Reibungen, Spannungen und Konflikte mit sich,<br />

umso mehr, als die historische Entwicklung Spaniens unter dem faschistischen<br />

Monopolkapitalismus das Land in eine immer stärker von der der sozialistischen<br />

Länder abweichende Lage brachte. Neue Probleme riefen nach neuartigen Lösungen,<br />

das vom Faschismus unterjochte Volk, das seit dem frühen Mittelalter<br />

der individuellen Freiheit und der persönlichen Einmaligkeit des Menschen gehuldigt<br />

hatte 17, würde jetzt kein Verständnis für eine Politik übrig haben, die auf<br />

parteipolitischer. weltanschaulicher und kultureller Ebene den Anspruch auf totale<br />

Planung und Führung mit diktatorischen Mitteln einlöst. Um so weniger,<br />

wenn diese Planung und diese Führung von vornherein dem diplomatischen,<br />

ideologischen, ökonomischen und militärisch-logistischen Gesamtkonzept einer

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