Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Psychologie 283<br />
sächlich zweimal geführt worden. Ihre ersten Ergebnisse wurden in den Jahren<br />
zwischen 1924 und 1934 formuliert. Danach verschwand das Thema für eine erstaunlich<br />
lange Zeit aus der analytischen Literatur. Seit der Mitte der 60er Jahre,<br />
vor allem aber seit der Herausforderung der Psychoanalyse durch die Frauenbewegung<br />
wird es wieder diskutiert. Der vorliegende Band gibt einen ausgezeichneten<br />
Überblick über beide <strong>Diskussion</strong>en.<br />
In ihrem Einleitungsaufsatz betont Juliet Mitchell die Ambivalenz der Schriften<br />
Freuds zur weiblichen Sexualität. Sein Werk sei als "ideologisches Bollwerk<br />
der Unterdrückung der Frau" (32) zugleich deren genaueste Darstellung. Daß<br />
Freud das Verhältnis der Geschlechter asymmetrisch aufgefaßt habe, sei angesichts<br />
einer patriarchalen Gesellschaft nur zu verständlich. Denn es könne nicht<br />
allein seiner <strong>Theorie</strong> angelastet werden, daß Frauen unterm Patriarchat unterdrückt<br />
seien. Freud als "male chauvinist" abzulehnen, wie es von seiten der Feministinnen<br />
oft geschehen sei, greife als Vorwurf zu kurz. Auch Elizabeth Janeway<br />
beklagt in ihrem Beitrag, daß Freud die sozialen Dimensionen der weiblichen<br />
Sexualität zu wenig berücksichtigt habe. Anhand des Falles Dora weist sie<br />
nach, daß das Gefühl weiblicher Inferiorität mindestens ebensosehr sozial verursacht<br />
ist wie durch die psychischen Folgen der Annahme einer Kastration. Denn<br />
der angebliche Penisverlust als Ursache des weiblichen Kastrationskomplexes<br />
könne nur aufgrund fortdauernden gesellschaftlichen Zwangs als symbolischer<br />
Ausdruck eines Machtverlusts empfunden werden. Ähnlich argumentiert Joel<br />
Kovel in ihrem Kommentar zu Abrahams Arbeit über "Die Äußerungsformen<br />
des weiblichen Kastrationskomplexes". Auch für sie erscheint der Kastrationskomplex<br />
nicht als biologisch, sondern primär als sozial motiviert. Die patriarchale<br />
Gesellschaft werde, so schreibt sie, durch die Angst vor ihm zu immer erneuter<br />
Unterdrückung der Frau getrieben. Denn obwohl dieser Komplex bei beiden<br />
Geschlechtern auftrete, sei er in seiner männlichen Erscheinungsform von<br />
grundlegenderer und weittragenderer Bedeutung. Es sei letztlich die Kastrationsangst<br />
der Männer, die die Frauen dazu gebracht habe, sich als das zu empfinden,<br />
was den Männern Angst einjage, eben als genital beschädigte Wesen. Diese<br />
Übernahme ursprünglich männlicher Kastrationsangst in die weibliche Geschlechtsrollenidentität<br />
sei das Zentralmotiv , von dem die Unterwerfung der<br />
Frauen ausgehe. Abraham habe dieses Motiv in seiner Voreingenommenheit als<br />
Mann nicht gesehen.<br />
Gegen die Rechtfertigung des weiblichen Masochismus, wie sie in den <strong>Theorie</strong>n<br />
von Helene Deutsch und (in abgeschwächter Form) Marie Bonaparte auftritt,<br />
nehmen Marcia Cavell und Ethel Person Stellung. Beiden geht es damm,<br />
den Nachweis zu führen, daß Masochismus unter psychoanalytischen Prämissen<br />
nicht als notwendig angenommen werden muß. Daß auch sie beim Problem des<br />
weiblichen Masochismus auf dessen soziale Determination verweisen, ohne sie<br />
genauer zu bestimmen, bezeichnet die Grenzen ihrer Argumentation. Es sind zugleich<br />
die der meisten anderen Aufsätze des Bandes. Ihre kulturistischen Tendenzen<br />
bleiben eher vage und allgemein.<br />
Von diesen Tendenzen heben sich die Beiträge Margaret Meads und Erik H.<br />
Eriksons ab. Beide werfen Freuds <strong>Theorie</strong> eine Vernachlässigung der Körperlichkeit<br />
der Frau vor. Margaret Mead hält das Frauenbild Freuds für einen besonders<br />
naiven Ausdruck auch heute noch herrschender Vorurteile. Sie bemängelt<br />
ebenso wie Erikson, daß Freud die Bedeutung der Schwangerschaft vollständig<br />
verkennt, wenn er, allein von seiner Annahme des Penisneids her, den weiblichen<br />
Wunsch nach einem Kind als Wunsch nach einem Penis auffaßt. Die Er-<br />
DAS ARGITMFNT 11).,/10'7'7<br />
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