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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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232 Rajael de la Vega<br />

wird. Es kann unserer Meinung nach der Sache des <strong>Sozialismus</strong> nicht förderlich<br />

sein, wenn auf individueller, "privater" Ebene scharfe Kritik ausgeübt wird,<br />

während die öffentlichen Stellungnahmen, Erklärungen und Kommentare keine<br />

direkte Kritik enthalten, sondern sich darauf beschränken, kommentarlos die Beschlüsse<br />

oder Entscheidungen der anderen Parteien wiederzugeben. Man könnte<br />

fast glauben, die Behauptung der Souveränität, Unabhängigkeit und Gleichwertigkeit<br />

aller kommunistischen Parteien könne nur als abstraktes Prinzip ihre volle<br />

Legitimität behalten, sie wird aber sofort suspekt, wenn sie von einer konkreten<br />

Partei bezüglich konkreter Probleme oder politisch genau definierter Schritte<br />

ausgesprochen und verwirklicht wird. Das gleiche gilt für die unscharfen, fluktuierenden<br />

Grenzen zwischen sozialistischem Patriotismus und proletarischem Internationalismus,<br />

bei deren dialektischer Trennung bzw. Vereinigung prinzipielle<br />

Erklärungen viel leichter sind als konkrete Verwirklichung, unter anderem deswegen,<br />

weil die jeweilige Situation eine jedesmal verschiedene zu sein pflegt, die<br />

die einmal gültige Lösung für nutzlos oder schädlich erklärt. Daß in der kommunistischen<br />

Weltbewegung immer noch Überreste einer theoretisch und programmatisch<br />

überwundenen Strategie wirksam sind, sollte niemanden überraschen;<br />

jeder gute Marxist aber sollte versuchen, sich nicht nur dieser Tatsache kritisch<br />

und selbstkritisch bewußt zu werden, sondern darüber hinaus den proklamierten<br />

Anspruch der neuen Richtlinien tatsächlich einlösen. Es ist deswegen auch nicht<br />

ganz einfach einzusehen, wieso eine so qualifizierte Stimme wie die W. W. Sagladins·<br />

einerseits zugibt, daß wir "es heute im Grunde genommen mit einer anderen,<br />

einer erneuerten Welt, mit einer anderen, einer erneuerten Menschheit zu<br />

tun" haben, daß es deswegen "völlig natürlich" ist, "daß sich zusammen mit der<br />

ganzen Welt im Prozeß ihrer Veränderungen auch die kommunistische Bewegung<br />

verändert hat", daß es weiterhin "in der kommunistischen Welt keine Beziehungen<br />

der Vorherrschaft und Unterordnung gibt" und daß die Beziehungen<br />

zwischen kommunistischen Parteien hingegen "auf den Prinzipien der Gleichberechtigung<br />

und der gegenseitigen Achtung, der Nichteinmischung in die inneren<br />

Angelegenheiten sowie der gegenseitigen Unterstützung und Solidarität" beruhen<br />

müssen, während er andererseits all diese richtigen Gedanken in den Rahmen<br />

eines Gedenkartikels zum 40. Jahrestag des VII. Kongresses der Kommunistischen<br />

Internationale einbettet, deren Struktur und Funktion gerade doch sonst<br />

als überwunden und für die heutige veränderte Welt als ungültig angesehen werden.<br />

Nostalgie? Sicher nicht. Eher müssen wir diesen Artikel als Ausdruck der<br />

Sorge um das Bestehen dessen lesen, was gerade den Kern des obengenannten<br />

Kongresses bildete, nämlich die Einheit und die Solidarität aller kommunistischen<br />

und Arbeiterparteien. Die Lage ist heute viel komplizierter als vor vierzig<br />

Jahren, als es nur ein einziges sozialistisches Land gab; die heutigen Parteien,<br />

von denen mehr als ein Dutzend die Staatsmacht in Händen haben, müssen<br />

"unausbleiblich unterschiedliche Methoden und Formen des Kampfes" anwenden,<br />

"im Streben nach ein und denselben EndZielen"', und es ist gerade diese<br />

Unterschiedlichkeit der Methoden und Formen, aber auch der strategischen Planung,<br />

der kurz- oder langfristigen Einstellung gegenüber der Frage der Machtübernahme<br />

und ihrer Form, was ebenso "unausbleiblich" auf die <strong>Theorie</strong> zurückwirken<br />

muß.<br />

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