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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Wissenschaftlicher <strong>Sozialismus</strong> braucht Demokratie 203<br />

Intellektuelle, innerparteiliche Demokratie und Bündnis<br />

In der kapitalistischen Gesellschaft bleiben zweifellos Widersprüche zwischen<br />

privater Existenz und kollektiver Organisation für die sozialistische Perspektive<br />

wirksam. Durch die Teilung von geistiger und körperlicher Arbeit verbleiben<br />

dem intellektuellen Individuum bessere Möglichkeiten, seine Auffassungen innerhalb<br />

des Kollektivs zu artikulieren und durchzusetzen. Und es besteht die<br />

Gefahr, daß sich der Intellektuelle unter den Bedingungen der Schwäche der Arbeiterbewegung<br />

in eine "Sonderrolle" manövriert, indem er nicht mehr gleichberechtigt<br />

verbindlich arbeitender Teil des Kollektivs, sondern sein "heimlicher"<br />

Führer wird. Muß angesichts dessen nicht wiederum gewarnt werden vor dem<br />

Eindringen "kleinbürgerlicher" Elemente in die Organisationen der Arbeiterklasse~<br />

Spricht nicht die Erfahrung der alten Sozialdemokratie oder auch der kommunistischen<br />

Parteien in den zwanziger Jahren für eine nachdrückliche Warnung?<br />

Die Warnung mag ,,für sich" stimmig sein, aber sie vermag nichts praktisch<br />

und folgenreich zu lösen. Die Gefahren können nur abgewehrt werden,<br />

wenn ein Kollektiv vorhanden ist, in dem der Intellektuelle mit seinen Fähigkeiten<br />

und Kenntnissen im Prozeß demokratischer ErkenntniS und Willensbildung<br />

eingebunden werden kann. Ein Kollektiv, in dem alle Glieder an der <strong>kritische</strong>n<br />

und selbst<strong>kritische</strong>n Auseinandersetzung mit der Realität teilnehmen, d. h. ein<br />

Kollektiv, in dem selbständige ErkenntniS und Erfassung der widersprüchlichen<br />

sozialen Realität nicht zur privaten Angelegenheit werden können, weil sie selbst<br />

gemeinschaftliche Praxis sind. So wie die Arbeiterbewegung selbst durch den<br />

praktischen Kampf aufzeigt, daß es der gemeinschaftlichen Aktion bedarf, um<br />

die Lage der Individuen zu ändern, so kann auch nur die demokratische Praxis<br />

des Kollektivs als Form des gemeinschaftlichen Erkenntnis- und Willensbildungsprozesses<br />

der Individuen die höhere Potenz der Gemeinschaft gegenüber<br />

der bloß privaten Praxis des einzelnen aufzeigen. Dafür ist die Möglichkeit des<br />

offenen Austragens der Gegensätze Voraussetzung. Ohne dieses offene Austragen<br />

kann auch keine wirkliche Gemeinsamkeit hergestellt werden, kann der Widerspruch<br />

als Form der Erkenntnis der Realität nicht produktiv werden.<br />

Dieses Prinzip gilt für die politischen Kollektive im engeren Sinne wie auch<br />

für die gesamte demokratische und sozialistische Bewegung. In der bisherigen<br />

<strong>Diskussion</strong> wurde von W. F. Haug gegen den Monopolanspruch einer Partei<br />

Stellung genommen, keinesfalls aber die Notwendigkeit politischer Organisationen<br />

innerhalb der Bewegung bestritten (Haug, S. 661). W cnn hier von Aktionseinheit<br />

und Bündnispolitik die Rede ist, wird es notwendig die Einheit verschiedener<br />

Kräfte sein und ist nicht die Auflösung dieser Kräfte als Vorbedingung,<br />

ein strukturloses Verschmelzen dieser Kräfte gemeint. Der Monopolanspruch<br />

andererseits zeigt sich nicht als verbale, sondern als praktisch zu lösende Frage.<br />

Wenn sich heute eine Neukonzeption der Bündnispolitik seitens der kommunistischen<br />

Parteien einiger westeuropäischer Länder abzeichnet, in der sehr deutlich<br />

zwischen Avantgarde und Vorherrschaft unterschieden wird, verlangt die<br />

Realisierung einer solchen Politik auch die Einübung demokratischer Verhaltensweisen<br />

in den politischen Kollektiven selbst. Das Verhältnis von demokratischer<br />

Bündnispolitik und innerorganisatorischer Demokratie ist hier dem von

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