Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziologie 263<br />
der Klärung des Verhältnisses von politökonomisch zu bestimmendem Doppelcharakter<br />
wissenschaftlicher Arbeit und stärker wissenschaftstheoretisch bzw. vor<br />
allem -soziologisch zu fixierender doppelter Bestimmtheit der wissenschaftlichen<br />
Tätigkeit" (221, Hervorheb.: d. Rez.). Dieses Problem klar gestellt zu haben, ist<br />
ein wichtiges Verdienst Rillings. Dagegen verwundert es dann freilich, wenn Rilling<br />
in der "Vorbemerkung" schreibt, es sei nicht einsichtig, weshalb die "sei's<br />
individuelle, sei's gesellschaftliche Erkenntnistätigkeir' (10) nicht unter den Arbeitsbegriff<br />
subsumiert werden könne. Und: "Wissenschaftliche Produktion (...)<br />
findet ihre Antriebe, ihr Material und Mittel, ihr Ziel in der materiellen Produktion<br />
und durch die materielle Produktion; in dieser erst bewährt sie sich" (11). Es<br />
scheint, als werde hier programmatisch jene Frage etwas vorschnell beantwortet,<br />
die sich am Schluß der Untersuchung als noch diskussionsbedürftig herausstell<br />
t.<br />
Diese Bedenken sollen freilich das zustimmende Urteil zu Rillings Arbeit keineswegs<br />
schmälern. Außer in der Fülle des überaus sorgfältig und anregend verarbeiteten<br />
Materials hat sie ihre besonderen Meriten darin, daß sie sich an kaum<br />
einer Stelle auf das Referieren von Bekanntem beschränkt, sondern immer wieder<br />
offene Probleme beim Namen nennt und selbst wesentlich zu ihrer Klärung<br />
beiträgt. Ihr den Charakter eines Standardwerkes zuzusprechen, ist daher nicht<br />
übertrieben.<br />
Rolf-Dieter Vogeler (Bremen)<br />
Bühl, Walter L.: Einführung in die Wissenschaftssoziologi<br />
e. C. H. Beck, München 1974 (355 S, br., 19,80 DM).<br />
Die Einführung beansprucht, der "erste systematische Versuch" zu sein, "dieses<br />
jüngste Gebiet der SOZiologie in Deutschland bekannt zu machen" (Klappentext).<br />
Von einer Reihe krisenhafter Erscheinungen in der Wissenschaft ausgehend,<br />
erörtert Bühl soziologische Aspekte der Wissenschaft mit dem Ziel, eine<br />
Reihe "idealtypischer" Modelle zu erstellen (19 ff.). Er konstruiert unter starkem<br />
Bezug auf Parsons ein sogenanntes ,,!nterpenetrationsmodell", welches das Verhältnis<br />
von Wissenschaft und Gesellschaft fassen soll (46); den "Regelkreis der<br />
Wissenschaft" (86); das "Rollenfeld der Wissenschaft" (154); das Modell der<br />
"internationalen Wissenschaftsgemeinschaft" (293) etc.; diese Modelle versieht<br />
er jeweils mit einer Reihe von "Grundfunktionen" (z. B. 24). In der Realität finden<br />
sich diese Modelle und Funktionen als "Mixtur" (30), der seine Aufmerksamkeit<br />
dann im übrigen Teil des Buches gilt. Er analysiert das Normensystem<br />
der Wissenschaft und ihre ürganisationsstruktur, erörtert Rollensystem und Professionalisierungsprozesse<br />
im wissenschaftlichen Beruf, Kreativität und Kommunikation<br />
im Wissenschaftssystem, ürganisationsprobleme der Forschung, den<br />
Zusammenhang von Wissenschaft und Universität, schließlich allgemeine Fragen<br />
des Verhältnisses von Wissenschaft, Technologie, Gesellschaft und Politik.<br />
Der Autor gibt nur ansatzweise bei der Analyse des Normensystems (102 ff.)<br />
oder des Problems der Wissenschaftsentwicklung (54 ff.) eine überblicksartige<br />
Einführung oder setzt sich mit anderen Konzeptionen auseinander. Die Wissenschaftssoziologie<br />
hat bekanntlich innerhalb ihrer kurzen Existenz bereits getreu<br />
jene weitreichenden Transformationen mitgemacht, die der soziologische Funktionalismus<br />
in den letzten fünfzehn Jahren durchgemacht hat; zudem findet sich<br />
in dieser Disziplin neuerdings ein buntes Gemisch evolutionistischer Ansätze,<br />
die teilweise völlig konträr sind. Eine Einführung müßte einen Überblick über<br />
DAS ARGUMENT 102/1977 ©