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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Soziale Bewegung und Politik 301<br />

Internationale von 1920, der Einheitspakt von 1934 - und ein schroffer Briefwechsel<br />

zwischen P.c. und p.s. aus den Jahren 1943/44. Vergebens sucht man<br />

ein neueres Dokument aus der fast zehnjährigen Vorbereitungszeit des Gemeinsamen<br />

Programms.<br />

Die Fixierung auf Divergenzen paart sich mit dem Blickwinkel, diese ursächlich<br />

allein bei der P.c. anzusiedeln, so daß Verdier die Geschichte der Annäherung<br />

bei der Parteien in erster Linie als Geschichte kommunistischer Läuterung<br />

begreiflich machen möchte. Gegenüber der kommunistischen Erbsünde, der<br />

"Abhängigkeit von Moskau", gewinnt in Verdiers Optik die historische Rolle der<br />

p.s. eher den Reiz des tragisch-unschuldigen Helden, sei es nun ihre Teilnahme<br />

am Ausverkauf der Tschechoslowakei 1938 und der Dritten Republik 1940, sei<br />

es ihre Regierungsverantwortung für die Kolonialkriege und Folterungen der<br />

Vierten Republik oder ihre Billigung des gaullistischen Putsches 1958. Einerseits<br />

spart Verdier nicht mit Details, beispielsweise bei der EntWicklung in Osteuropa<br />

nach 1945 (auch wenn seine Interpretation in bemerkenswerter Weise von der<br />

des amerikanischen Historikers Horowitz abweicht), andrerseits hält er andere<br />

Vorgänge in vager Diskretion, beispielsweise die simultane Entfernung kommunistischer<br />

Minister aus den Regierungen in Paris, Rom und Brüssel 1947 oder die<br />

dubiose Rolle des CIA bei der Gründung der reformistischen Gewerkschaft F.O.<br />

1948. Die Verkehrung der historischen Chronologie nach 1945 kann nicht allein<br />

eine Frage des Stils sein, wenn der Kalte Krieg als solcher nach der Gründung<br />

des Kominform abgehandelt wird. Der Leser tut gut daran, gerade bei der Lektüre<br />

dieser zentralen Kapitel über die Zeit nach 1945 auch andere (geschichtswiSsenschaftliehe)<br />

Werke zu konsultieren, die weniger unter dem politischen Druck<br />

stehen, die Geschichte des Kalten Krieges (immer noch) korrigieren zu müssen.<br />

Verdiers Sehweise ist stark auf organisations-, innen- und außenpolitische<br />

Vorgänge reduziert. Klassenkämpfe, die franzÖSische Arbeiterbewegung als historisches<br />

Subjekt und als soziale Basis dieser beiden Parteien (bei der einen<br />

mehr, bei der anderen weniger) finden in seine Darstellung keinen Einzug. Kommuniques,<br />

Interviews, Artikel. Verhandlungen etc. beider Parteien dürften keine<br />

ausreichende Erklärung für die Entwicklung in Frankreich sein. die heute zu einem<br />

gemeinsamen Regierungsprogramm der Vereinigten Linken geführt hat.<br />

Wer auf Grund der nicht unbeträchtlichen Rolle Verdicrs in der alten und neuen<br />

sozialistischen Partei im vorliegenden Buch den Quellenwert persönlicher Erinnerungen<br />

sucht. wird enttäuscht sein. An Memoiren erinnert lediglich die oft<br />

fehlende Quellenangabe. In der Schlußfolgerung Verdiers darf natürlich das obligate<br />

Stirnrunzeln über den "Führungsanspruch" der P.c. auch nach ihrem<br />

22. Parteitag nicht fehlen. Die wiederholte Aufforderung Mitterands, aus der P.S.<br />

"die erste Partei Frankreichs" zu machen, ist selbstverständlich etwas ganz anderes.<br />

Ingo Kolboom (Berlin/West)<br />

Breidbach, Ferdinand, u. Rüdiger May (Hrsg.): Das so z i ale Fe i gen -<br />

bl a t t') Die Sozialausschüsse in der Union. Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien<br />

1975 (326 S., Ln., 34,- DM; br, 14,80 DM).<br />

Darstellungen über Geschichte und Politik der Sozialausschüsse sind bisher<br />

nicht erschienen. Ferdinand Breidbach, MdB für die CDU, jahrelang hauptamtlich<br />

im DGB tätig, Vorsitzender der Sozialausschüsse im Ruhrgebiet, und sein<br />

Assistent Rüdiger May gaben jetzt ein Buch heraus, in dem dreißig Autoren von<br />

DAS ARG UMENT 10211977 ©

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