Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziologie 271<br />
ter bestimmt sie wie folgt: Tradeunionistisches Bewußtsein basiere auf dem rationalisierenden,<br />
idealisierenden, verkehrten, während das Klassenbewußtsein<br />
aus dem widersprüchlichen resultiere. (159 fl Mit diesen für die praktisch-empirischen<br />
Forschungszwecke unklaren und verworrenen Merkmalen hat sie die<br />
"neuen Impulse" verschüttet und unterscheidet sich kaum von den im 2. Kapitel<br />
kritisierten Positionen. Die hierbei interessante sozialwissenschaftliche Forschungsfrage,<br />
die von Tjaden-Steinhauer leider so nicht gestellt wird, besteht<br />
darin, zu analysieren, wie und mit welchen Mitteln Fähigkeiten, Fertigkeiten, Eigenschaften<br />
und Erkenntnisse bzw. Denkformen der Arbeitenden, die sich seit<br />
dem Tier-Mensch-Übergangsstadium entwickelt und durch die Automation im<br />
Kapitalismus eine qualitativ neue Stufe erreicht haben, im Rahmen einer politischen<br />
Aufklärung über Zusammenhänge der kapitalistischen Produktionsweise<br />
genutzt werden können, um politisches Bewußtsein zu erzeugen. Zu analysieren<br />
ist weiterhin die politische Ausnutzung der aufgrund des Produktivkraftstandes<br />
vorhandenen notwendigen Denkformen auf Seiten der Arbeiter und Angestellten<br />
für politische und ökonomische Interessen des Kapitals. Insbesondere ist zu<br />
untersuchen, wie eine ideologische Klassenkampfstrategie von "oben" funktioniert<br />
und an welchen ebenfalls vorhandenen Bewußtseinsformen angeknüpft<br />
werden muß, um die Arbeiter und Angestellten in die Lage zu versetzen, ihre<br />
objektive ökonomische und politische Lage zu erkennen.<br />
Eberhard Göbel (Berlin/West)<br />
Lessing, Hellmut. u. Manfred LiebeI: J u gen d in der K las sen g e seIl -<br />
sc haft. Marxistische Jugendforschung und antikapitalistische Jugendarbeit.<br />
Juventa Verlag, München 1974 (263 S., br., 14,- DM).<br />
Diese Sammlung von Zeitschriftenaufsätzen gehört sicher zu den wichtigsten<br />
Veröffentlichungen über Jugendsoziologie und Jugendarbeit in den letzten Jahren.<br />
In der Einleilling se17en sich die Autoren - die davon ausgehen, daß der Widerspruch<br />
zwischen den Klassen "Angelpunkr' zur Analyse von Jugendfragen<br />
sei (10) - mit ihren Kritikern von bürgerlicher Seite (Neidhardt, Buchhofer/<br />
Friedrichs/Lüdtke) auseinander und verdeutlichen ihre Position, wonach die<br />
Wertorientierungen, Konflikte und Verhaltensweisen von Jugendlichen nicht<br />
primär von ihrem Status als bestimmte Altersgruppen, sondern aus ihrer objektiven<br />
Klassenlage abgeleitet werden müssen.<br />
"Teil J: JlIgendjiJrschung" umfaßt die Aufsät7e. die Kritik an der herrschenden<br />
bürgerlichen Jugendsoziologie üben. Sie stellen einmal die immanenten Widersprüchlichkeiten<br />
in zentralen Konzepten der bürgerlichen Jugendsoziologie heraus,<br />
kritisieren andererseits deren methodologische Fehler. Die Umorientierung<br />
in der Jugendsoziologie von der Darstellung .,der" Jugend, einer "Generation<br />
ohne Eigenschaften" zu einer .. theoriebewußteren" , .,differenzierenden", vor allem<br />
die .,soziale Schichtung der Gesellschaft" berücksichtigenden Jugendforschung<br />
(Flitner 1963) kennzeichnet Liebel als die Ersetzung der disfunktional gewordenen<br />
nur-"additativen Beschreibung von Oberflächenphänomenen" (68)<br />
durch eine methodisch zwar exaktere Sozialforschung, die aber .Jetztlich den alten<br />
normativ-idealistischen Ansatz auf lediglich etwas differenziertere Weise"<br />
(72) reproduziert.<br />
Es folgen noch die bei den - m. E. zentralen - Aufsätze .. Existenzbedingungen<br />
der Arbeiterjugend und der Gegenstand ihrer Organisation" (Lessing) und "Arbeiterjugend<br />
und Klassenbewußtsein" (Hübner/Liebel/Reichelt).