Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziale Bewegung und Politik 299<br />
Mindestausstattung eines Buches - zumal für den Leserkreis dieses Verlages -<br />
gehören. Zweitens: Gerade weil dieses Buch ein nützliches Buch ist, hätte man<br />
es gern etwas weniger schlampig lektoriert, also lesbar gesehen. Druckfehler -<br />
z. T. sinnentstellende - in dieser Häufung (ich habe 93 gezählt) sind nicht entschuldbar.<br />
H. Gerd Würzberg (Marburg)<br />
Rosenbaum, Petra: I tal i e n I 976 - C h r ist dem 0 k rat e n mit Komm<br />
uni s te n? Eine Einführung in das italienische Parteiensystem. Rowohlt<br />
Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1976 (155 S., br., 5,80 DM).<br />
Ausgehend von einer Darstellung der krisenhaften Entwicklung Italiens<br />
1974-76 (verschärfte Klassenauseinandersetzungen; Ruin der centro-sinistra-Politik,<br />
d. h. des seit 1962 bestehenden Regierungsbündnisses der gemäßigt konservativen<br />
und liberalen Parteien mit der sozialistischen; Arbeitslosigkeit, Inflation,<br />
Spekulantenturn, Zahlungsbilanzdefizit; desolate Situation des Staatsapparates;<br />
Verschärfung "traditioneller" gesellschaftlicher Konflikte wie Nord-Süd-Gefälle,<br />
Wohnungsnot und Kriminalität; skandalöse Verflechtung staatlicher und wirtschaftlicher<br />
Macht) erzählt die Journalistin Petra Rosenbaum die Geschichte der<br />
größeren italienischen Parteien seit dem Ende des Faschismus.<br />
Am ausführlichsten geht Rosenbaum auf die Christdemokraten und die IKP<br />
ein; sie gibt einen Überblick über Struktur und Geschichte beider Parteien, von<br />
ihrem Bündnis in den antifaschistischen Regierungen der Kriegs- und ersten<br />
:\lachkriegszeit über die Konfrontation in der Periode der kapitalistischen Restauration<br />
und des Kalten Krieges (mit der Spaltung der Arbeiterbewegung durch die<br />
Integration der Sozialisten in die Regierung) bis hin zur Situation des "Historisehen<br />
Kompromisses". Sie zeigt recht gut die Widersprüche zwischen fortschrittlichen<br />
und reaktionären Tendenzen innerhalb der Christdemokratischen Partei.<br />
Bei ihrer Darstellung der [KP liegt das Schwergewicht auf den Veränderungen in<br />
der nationalen wie internationalen Strategie der Partei seit 1956. Interessant ist<br />
auch die Schilderung der Schwierigkeiten der kommunistischen Politik in einigen<br />
Großstädten, wo z. T. inzwischen die KP an der Verwaltung beteiligt ist. Die<br />
Sozialistische Partei (die nach dem jahrelangen Konflikt zwischen einem fortschrittlichen<br />
Programm und ihrer tatsächlichen Funktion als Stütze der konservativen<br />
christdemokratischen Politik angesichts der Perspektive des "Historischen<br />
Kompromisses" erhebliche Orientierungsprobleme hat) und mehr noch<br />
die rechtsstehende (seit den letzten Parlamentswahlen im Zerfall begriffene) Sozialdemokratische<br />
Partei werden meines Erachtens zu knapp behandelt, obwohl<br />
die Autorin in vielen Fragen mit der Politik der Sozialisten sympathisiert.<br />
Der Überblick über die Geschichte des italienischen Neofaschismus, seine<br />
Verbindungen zu Kirche, Staatsapparat, den Christdemokraten und zum Ausland<br />
ist wesentlich vollständiger. Rosenbaum schildert anschaulich die inkonsequente<br />
Haltung von Regierung und Justiz und das z. T. recht geschickte Lavieren<br />
der Neofaschisten zwischen Legalismus und Terrorismus.<br />
Im Schlußkapitel behandelt Rosenbaum noch einige Aspekte der aktuellen<br />
Krise in Italien, so die <strong>Diskussion</strong>en um das Abtreibungsgesetz, das Erstarken<br />
der Frauenbewegung und die Ausbreitung demokratischer Tendenzen in Polizei<br />
und Armee. Im Anhang finden sich eine (recht unvollständige) Zeittafel, eine<br />
ebenso unvollständige und mitunter ungenaue Übersicht über Geschichte und<br />
Struktur italienischer Parteien sowie Listen der Wahlergebnisse und der Regierungen<br />
seit 1943.