Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Zur Politik der spanischen KP 235<br />
äußert werden, sollten nicht als Bereitschaft für eine große revolutionäre Umwälzung<br />
gewertet werden. Daß die Verwalter des Finanzkapitals, wie sie heute in<br />
der spanischen Regierung von Ministerpräsident Suarez die Oberhand haben,<br />
aber auch die Strategen des Pentagons und die europäischen Sozialdemokratien<br />
alles daran setzen, diese Tendenz nach Kräften zu schüren, ist selbstverständlich.<br />
Portugal kann als Modell einer Eindämmung vor-revolutionärer und revolutionärer<br />
Impulse durch das internationale Monopolkapital und seinen eifrigsten<br />
"demokratischen" Verwalter, die Sozialdemokratie, gelten. Es scheint sicher,<br />
daß die koordinierte Strategie der amerikanischen und westdeutschen Regierung<br />
darauf zielt, zwei große politische Blöcke in Spanien zu fördern: eine Gruppe des<br />
Rechts-Zentrums (mit den liberalen Reformisten, bürgerlich-konservativen, Monarchisten<br />
und rechten Christdemokraten, eventuell dazu einigen rechten Sozialdemokraten)<br />
und eine breite Allianz sozialdemokratischer Gruppen, unter dem<br />
Schirm der "linken" Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE als "demokratisch-sozialistischer"<br />
Fassade der neuspanischen Konsumgesellschaft. Die PSOE-nahe<br />
Gewerkschaft UGT wird schon mit Wohlwollen von den jetzigen Machthabern<br />
betrachtet, ja sie hat sogar - von wem, kann man nur vermuten - Geld für die<br />
Aufstellung eines Hilfsfonds bekommen. Die Vermutung liegt ebenfalls nahe,<br />
die nationalen und internationalen Schirmherren des sozialdemokratischen Auffangmodells<br />
wollen damit den Arbeiterkommissionen (deren Nähe zur KP niemals<br />
geleugnet und seit der öffentlichen Bekanntgabe der Zugehörigkeit Marcelino<br />
Camachos zum ZK und zum Exekutivkommitee der KP klar unterstrichen<br />
wurde) eine eigene, "zahme" Gewerkschaft entgegenstellen. Dieselbe Rolle wird<br />
offenbar der PSOE zugeschrieben, einer Partei, die vor drei Jahren nach eigenen<br />
Angaben knapp 3000 Mitglieder hatte, praktisch nichts zum antifaschistischen<br />
Widerstandskampf im Lande selbst beigetragen hat und weder über eine Basisorganisation<br />
noch über eine Massenverankerung verfügte. Vor dem Hintergrund<br />
der alten, glorreichen Geschichte dieser ältesten Arbeiterpartei Spaniens will jetzt<br />
die SPD ihren derzeitigen Führern hilfreich unter die Arme greifen, um - ähnlich<br />
wie in Portugal - der Partei eine komplette Infrastruktur und ein ganzes<br />
Netz von Büros, eine moderne Presse und eine funkelnagelneue Anhängerschaft<br />
aus dem Boden zu stampfen. Unter den bestehenden Bedingungen des Landes,<br />
die wir skizziert haben, gibt es also keinen Grund zu der Annahme, in Spanien<br />
bahne sich eine revolutionäre Entwicklung an. Um so unverständlicher müssen<br />
deswegen für viele konsequente Marxisten die Erklärungen und die Politik der<br />
KP Spaniens sein, die oftmals als eine Annäherung an strategische und sogar<br />
ideologische Positionen der PSOE gewertet werden können. Gewiß ist es heute<br />
unerläßlich, an der gemeinsamen und geschlossenen Front der demokratischen<br />
Opposition, wie sie in der "Demokratischen Koordinierung" organisiert ist, festzuhalten.<br />
Ein strategisches Zusammengehen (auch wenn es auf lange Zeit geplant<br />
ist) sollte jedoch niemals mit ideologischen oder programmatischen Konzessionen<br />
gepaart werden, insbesondere wenn diese den Verzicht auf wesentliche<br />
Prinzipien des Wissenschaftlichen <strong>Sozialismus</strong> mit sich bringen könnten. Wer die<br />
öffentliche Distanzierung von der portugiesischen KP (die eigentlich eher als<br />
eine Brüskierung ihres Generalsekretärs zu deuten war) bzw. die Anbiederung<br />
bei der sozialistischen Partei in der Person ihres Generalsekretärs Mario So ares<br />
DAS ARGlJMFNT ]0)/1977 ©