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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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282 Besprechungen<br />

gung zum politischen Handeln. Während die meisten wissenschaftlichen <strong>Theorie</strong>n<br />

den Lernbereich einschränken und den Ohnmachtsbereich der Individuen<br />

erweitern, hinterfragt die Verfasserin die Motivations- und Verhaltenstheoretischen<br />

Ansätze auf ihre Subversivität bzw. Befähigung zur politischen Beteiligung.<br />

"Teilerfahrungen von gelungener Lebenspraxis ermöglichen erst neue Lernerfahrungen"<br />

(39) und "Demokratische Lernverfahren setzen an an dem, was dem<br />

Lernenden subjektiv bedeutsam ist" (122). Das sind nicht die großen demokratischen<br />

Ziele, sondern Bedürfnisse und Probleme im Nahbereich. Die Autorin<br />

vertritt daher die Position, daß Veränderungschancen auch vom Reproduktionsbereich<br />

ausgehen können. Objektive Gewaltstrukturen werden veranschaulicht<br />

und subjektive Autonomie gestärkt; wenn die Sicherheit des status quo durchbrochen<br />

wird und die dabei freiwerdende Angst kontrollierbar bleibt: Modelle der<br />

Angstminderung müssen Lernen und Konfliktfähigkeit begleiten, wenn politische<br />

Strukturen "in Angriff genommen" werden. In diesem Zusammenhang<br />

greift die Autorin pragmatisch auf die Verhaltenstheorie zurück. Produktive Gegenerfahrung<br />

und Angstminderungen sollen durch sie verstärkt werden.<br />

Gronemeyer plädiert für die Alltagserfahrungen als Ausgangspunkt für "Befreiungslernen".<br />

Ein wesentlicher Faktor hierzu ist die Sozialität, d. h. die Möglichkeit,<br />

Bedürfnisse mit anderen zu teilen, sie mit ihnen gemeinsam durchzusetzen.<br />

Doch "zusehends weniger ist es in hochkomplexen Gesellschaften sinnvoll,<br />

sich gegen die Konfliktgegner zu wehren, derer man in der Alltagspraxis<br />

ansichtig wird" (163). Diese Erkenntnis versucht die Verfasserin teilweise über<br />

eine didaktische "Personalisierung von Strukturen" etwas abzumildern. Aber es<br />

muß dabei in Übereinstimmung mit der Autorin das Bewußtsein für die Widersprüchlichkeit<br />

des vorgeschlagenen Weges erhalten bleiben.<br />

Problematisch bleibt allerdings das Verfahren, Herrschaftsverhältnisse didaktisch<br />

auf der interpersonellen Ebene "anzugreifen". Die Rückübertragung auf<br />

makrostrukturelle Bedingungen muß offen bleiben.<br />

Zweifel sind auch anzumelden, ob über die Erweiterung von Beteiligungsräumen<br />

sich grundsätzlich etwas ändern kann. Neben einigen Unschärfen in methodischer<br />

Hinsicht, nämlich die Nicht-Problematisierung der Vermischung verschiedener<br />

<strong>Theorie</strong>ansätze und ihre Transponierung in einen ganz anderen Bezugsrahmen,<br />

kann man die Arbeit allen an Lernprozessen Interessierten empfeh-<br />

1en.<br />

Sigrid Metz-Göckel (Dortmund)<br />

Strouse, Jean (Hrsg.): Wo m e n & An a I y s i s. Dialogues on Psychoanalytic<br />

Views of Femininity. Grossman Publishers, New York 1974 (375 S., Ln., $<br />

12,50).<br />

In der gegenwärtig in den USA geführten Debatte über die psychoanalytische<br />

Allffassung der weiblichen Sexualität kommt diesem Buch eine besondere Bedeutung<br />

zu. Sie ist zunächst formal begründet in der originellen Anordnung der<br />

Beiträge. Den klassischen (oder zumindest: älteren) Darstellungen der weiblichen<br />

Sexualität von Freud, Abraham, Helene Deutsch, Karen Horney, Emma Jung<br />

und Marie Bonaparte sind jeweils Aufsätze beigegeben, die diese Darstellungen<br />

aus der Sicht heutiger Theoretiker kommentieren. Diese Anordnung ist aber<br />

nicht nur formal originell, sondern auch von der Sache her gerechtfertigt. Denn<br />

die <strong>Diskussion</strong> um die weibliche Sexualität ist innerhalb der Psychoanalyse tat-<br />

DAS ARGUMENT 102/1977 ©

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