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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Demokratie im Übergang zum <strong>Sozialismus</strong> 225<br />

Zweitens glaube ich, daß auch die traditionelle repräsentative Demokratie, die<br />

eine Beteiligung nur mit Wahlabsichten und durch periodische Wahlen zuläßt,<br />

während des revolutionären Prozesses eine Modifizierung erfahren muß, indem<br />

zahlreiche neue Formen der Kommunikation und der Einflußnahme des Volkes<br />

auf die Macht geschaffen werden; auf diese Weise soll eine Beziehung hergestellt<br />

werden, die es dem Staat erlaubt, direkt und vermittels des Parteiensystems die<br />

Meinungen und Initiativen der Massen aufzunehmen, und die ihn in die Lage<br />

versetzt, sie nach ihrer Verarbeitung und Umsetzung in einer politischen Linie<br />

zur Orientierung und Führung der Massen zu nutzen.<br />

Drittens glaube ich, daß selbst das traditionelle Mehrparteiensystem im Lager<br />

der revolutionären Kräfte für die revolutionäre Entwicklung nicht zweckmäßig<br />

ist. Verschiedene Parteien mit in vieler Hinsicht unterschiedlichen Positionen<br />

können, wenn sie den Prozeß nicht lähmen wollen, unmöglich eine Revolution<br />

führen wollen. Zumindest muß zwischen ihnen eine Verbindung hergestellt werden,<br />

die die Dringlichkeit und Entwicklung einer einzigen großen Führungskraft<br />

der Revolution begünstigt, welche, wie Lenin sagt, eine notwendige Bedingung<br />

für ihren Erfolg ist.<br />

Im allgemeinen ergibt sich aus dem Überleben des bürgerlichen Überbaus<br />

während der Übergangsphase für den revolutionären Prozeß eine Reihe von Hindernissen,<br />

die es den konservativen Kräften erlauben, mit Hilfe der sozialen Bereiche,<br />

die noch unter ihrer ideologischen Kontrolle stehen, die Interessen an einer<br />

Veränderung zum Scheitern zu bringen. Tatsächlich gibt es im Verlauf sozialer<br />

und ökonomischer Umwälzungen notwendigerweise Momente, in denen diese<br />

Umwälzungen einen Wandel im Verhalten der Individuen erforderlich machen,<br />

bevor sich die Legitimität und die Skala revolutionärer Werte gefestigt haben.<br />

Und dieser Wandel im Verhalten des Gesellschaftskörpers bedingt die weitere<br />

Fortsetzung der Revolution. Es wird daher nötig, die bürgerlichen Freiheiten<br />

gemäß den neuen Bedingungen und revolutionären Zielen neu zu definieren und<br />

dementsprechend zu regeln. Das schließt insofern eine Beschränkung ihrer Ausübung<br />

ein, als sie an Klassenwerte gebunden sind und Quelle des Mißbrauchs<br />

und für den Fortschritt der Revolution schädlicher Verhaltensweisen sein können.<br />

Diese Beschränkungen der bürgerlichen Freiheiten entkleiden sie lediglich<br />

ihres Klassencharakters und dürfen sie nicht beeinträchtigen, soweit sie den<br />

Schutz der Menschlichkeit (condici6n humana) beinhalten, den der <strong>Sozialismus</strong><br />

ja gerade erweitern und vertiefen will. Es geht nur darum, den Mißbrauch eines<br />

Rechtes oder einer Freiheit zu verhindern, deren Bestimmung es ist, legitime<br />

menschliche Entfaltungsmöglichkeiten (potencialidad humana) zu formulieren;<br />

zu vermeiden, daß diese Freiheiten von den Konterrevolutionären zur Behinderung<br />

und Vernichtung des Prozesses der fortschreitenden menschlichen Befreiung,<br />

die den Wesensgehalt der Revolution ausmacht, manipuliert werden können.<br />

Mit dieser Absicht muß die sozialistische Gesetzlichkeit in der Übergangsperiode<br />

für die Erhaltung der Ordnung und der öffentlichen Sicherheit sorgen.<br />

Dieser Prozeß ist im übrigen hinsichtlich des Rechts auf Eigentum schon in all<br />

jenen Gesellschaften eingeleitet, die bei ihrer Annäherung an den <strong>Sozialismus</strong><br />

dieses Recht so geregelt haben, daß sein absoluter Charakter verneint, seine<br />

DAS ARGCMENT 10211977 ©

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