Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Zur Politik der spanischen KP 229<br />
ihrer eigenen Politik, sondern der gesamten spanischen demokratischen Opposition<br />
vorgeschlagenen Losungen (Bündnis aller demokratischen Kräfte in einer<br />
antifaschistischen Front oder "Pakt für die Freiheit", Bildung einer provisorischen<br />
Regierung der nationalen Versöhnung auf breitester Basis, Generalamnestie,<br />
Anerkennung der Rechte der nationalen Minderheiten, freie Gewerkschaften)<br />
wurden jahrelang von den anderen Parteien ignoriert, bespöttelt, zurückgewiesen.<br />
Heute bilden sie das unverzichtbare, offizielle Programm der demokratischen<br />
Opposition, von den Monarchisten über die Liberalen, die Christdemokraten,<br />
die Sozialdemokraten bis hin zu den linken Radikalen. Die KPS stand Pate<br />
bei der Bildung der ersten politischen Gruppierung der antifranquistischen Opposition,<br />
der .,Junta Democratica" (Juli 1973), sie hatte früher den ersten Keim der<br />
freien demokratischen Gewerkschaftsopposition ins Leben gerufen, die Oposicion<br />
Sindical Obrera (O.S.O.), sie legte den Grundstein und half bis heute mit,<br />
die Arbeiterkommissionen zu organisieren, kampffähig zu machen und dabei die<br />
legale mit der illegalen Kampfform nach leninistischem Muster zu verbinden. Im<br />
Laufe dieser überaus schwierigen Zeit mußte die Partei ihre frühere Politik nicht<br />
nur revidieren (der bewaffnete Widerstand erwies sich als eine Fehlkalkulation),<br />
sondern auch aktualisieren, auf allen Fronten Selbstkritik üben und, nachdem<br />
die Weichen für die neue Linie gestellt wurden, die Vergangenheit vergessen<br />
und sich nur auf die konkrete Zukunft richten. Das Beispiel der Spanischen Sozialistischen<br />
Arbeiterpartei (P. S. O. E.), die im franZÖSischen oder mexikanisehen<br />
Exil die Vergangenheit anstarrte und nicht in der Lage war, eine kohärente<br />
Politik für die Zukunft zu entWickeln. bestätigt die KPS in der Richtigkeit ihrer<br />
Politik. Der Prozeß der "Entstalinisierung" war das Ergebnis einer reiflichen<br />
Reflexion über Funktion und Rolle der Partei unter den konkreten Bedingungen<br />
der spanischen Nation. Hatten doch nicht nur die Arbeiter und Bauern unter<br />
dem brutalen Joch des Faschismus gelitten, sondern auch Kleingrundbesitzer,<br />
kleine Produzenten, Handwerker. die Kleinbourgeoisie, die Intelligenz (so weit<br />
sie nicht ins Exil gegangen war), und waren alle demokratischen Parteien und<br />
Gruppen vom Faschismus verboten und verfolgt worden, nicht nur die KP oder<br />
die Kampforganisationen der Arbeiterklasse. Die spanische KP wußte sehr wohl,<br />
daß die faschistische Diktatur und ihre kapitalistische Wirtschaftsordnung die<br />
spanische Gesellschaft in eine Sackgasse ohne Alternative führen würde. Das<br />
Land war aber immer noch durch die tiefe Spaltung des Bürgerkrieges zerrissen,<br />
und der ganze Unterdrückungsapparat sowie die administrative, ökonomische<br />
und kulturelle Infrastruktur befanden sich unter der strengen Kontrolle des<br />
Franquismus. Nur eine breite Vereinigung aller antifaschistischen Kräfte, eine<br />
Art "Resistance"-Front auf der Basis der bürgerlich-demokratischen Freiheiten<br />
konnte in Spanien zur Versöhnung führen und eine Etappe der bürgerlichen Demokratie<br />
eröffnen, ohne die jeder weitere Schritt zum <strong>Sozialismus</strong> als utopisch<br />
oder linksextremistisch erscheinen muß.<br />
Die wirtschaftliche Krise von 1958, die das Land an den Rand des Chaos<br />
brachte, und das Ende der Periode der wirtschaftlichen Autarkie (eine Folge der<br />
faschistisch -nationalistischen Politik der 40er Jahre), lösten nicht nur die ersten<br />
mächtigen Streik- und Protestbewegungen in der Geschichte des Franquismus<br />
aus, sie brachten dem Lande auch die erste Umstrukturierung der Wirtschaft<br />
DAS ARGUMENT 10211977 ©