02.03.2014 Aufrufe

Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Geschichte 289<br />

befreien und den Prozeß der "Monopolisierung" (185) ihres Einflusses auf wirtschafts-<br />

und sozialpolitische Entscheidungen voranzutreiben.<br />

Gegenüber den Vorzügen der Arbeit in den empirischen Partien fallen <strong>kritische</strong><br />

Anmerkungen kaum ins Gewicht. Verschwiegen werden soll jedoch nicht,<br />

daß die einleitenden <strong>Theorie</strong>kapitel stellenweise Erwartungen wecken, die die<br />

nachfolgende Untersuchung nicht oder nur unvollkommen einlöst. So spricht<br />

Schneider beispielsweise von den "Auswirkungen des innerbetrieblichen Herrschaftssystems<br />

auf die politische Haltung der Abhängigen" (26) und moniert zu<br />

Recht, daß sich die Geschichtswissenschaft dieser Problematik bislang beharrlich<br />

entzogen habe - ein Vorwurf, der auf den Verfasser zurückfällt: denn auf Fragen<br />

der betrieblichen Binnenorganisation und deren Einwirkung auf das "Politikverständnis"<br />

der Arbeiter geht auch er nicht ein. Jens Flemming (Hamburg)<br />

Siegfried. Klaus-Jörg: Uni ver s a I i s mus und F ase his mus. Das Gesellschaftsbild<br />

Othmar Spanns. Europa-Verlagsges., Wien-München 1974 (289<br />

S., br., 25,- DM).<br />

Othmar Spann 0878-1952) war ein einflußreicher Wiener Nationalökonom,<br />

der sich zeitlebens bemühte, den Marxismus zu widerlegen und eine neokonservative<br />

Gesellschaftstheorie zu begründen. Er galt lange als ein maßgebender<br />

Theoretiker der sogenannten konservativen Revolution, also jener politischen<br />

Bewegung, die nicht mehr ausschließlich der reaktionären Tradition verhaftet<br />

sein wollte und die das Bindeglied zwischen Konservatismus und Faschismus<br />

darstellte, ja selbst als eine Erscheinungsform des Faschismus zu begreifen ist,<br />

obgleich sie in mancher Hinsicht in Konflikt mit dem Nazismus geriet. Spann<br />

verfolgte das ZieL dem Gegensatz der Klassen durch den Aufbau einer Ständeordnung<br />

zu begegnen. Arbeiter und Unternehmer sollten sich nicht mehr in gegensätzlichen<br />

Interessengemeinschaften zusammenschließen, sondern zu Arbeitsgemeinschaften<br />

von Zunft- oder Ständecharakter zusammenfinden. Das war<br />

ein Kerngedanke seines Universalismus, der im Falle der Verwirklichung (wie<br />

bis zu einem gewissen Grade in der NS-Arbeitsfront) die Arbeiter auf Gedeih<br />

und Verderb den Unternehmern auslieferte, die nach Spann als der höhere Stand<br />

über größere Rechte verfügen sollten und noch dazu bei den übergeordneten<br />

Ständen der Staatsführer und der Weisen (worunter Spann den höheren Lehrstand<br />

begriff) Rückhalt finden konnten. Diese reaktionäre Gesellschaftskonzeption<br />

hat in Österreich den konservativ- und klerikalfaschistischen Bewegungen<br />

zugrunde gelegen. Sie fand aber auch Eingang in die nazistische Ideologie und<br />

gehört allgemein zum faschistischen Gedankengut. Siegfried zeigt, wie der<br />

Spannsche Universalismus aus den speZifisch österreichisch-ungarischen Verhältnissen<br />

der k.u.k.-Zeit herauswuchs. wie er mit Pangermanismus, Slawenverachtung<br />

und imperialistischen Großmachtstreben einherging. Spanns Hauptwerk<br />

"Der wahre Staat" wurde bewußt als Gegenstück zur marxistischen Gesellschaftstheorie<br />

konzipiert, aber auch als Alternative zur bürgerlichen Demokratie<br />

entwickelt. Die von ihm geäußerten Gedanken wurden nicht nur von Mussolini<br />

aufgegriffen, sie wirkten auch in der katholischen Sozialenzyklika "Quadragesimo<br />

anno" des Jahres 1931 nach. Allerdings gab sich Spann wenig Mühe, seine<br />

reaktionären Absichten demagogisch zu verschleiern. Das führte sogar zu erheblichen<br />

Meinungsverschiedenheiten innerhalb des katholischen Klerus Österreichs.<br />

Man fürchtete, damit bei den Volksmassen in Verruf zu geraten. Das ver-<br />

DAS ARnrTMl=NT 1/1')/10.,'7<br />

tRI

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!