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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Geschichte 291<br />

auf den eigentlichen Nutznießer - auf das Finanzkapital - einzugehen. Die Ursachen<br />

des imperialistischen Aggressionskurses und des Strebens nach der Herrschaft<br />

über Europa und die Welt werden nur am Rande gestreift (vgl. dazu die<br />

Dokumentenpublikation "Weltherrschaft im Visier", hrsg. von Wolfgang Schumann<br />

u. a., Berlin 1975). Sywottek behandelt zwar die Propaganda zur Unterstützung<br />

der Wirtschaftlichen Mobilmachung, negiert aber die vielfältigen Beziehungen<br />

zwischen Monopolen und Banken und den Propagandaorganen, zu denen<br />

das Einwirken der Unternehmer auf Inhalt und Methoden der Beeinflussung, die<br />

verschiedenen Formen der Finanzierung und die Übernahme von Funktionen<br />

im Propagandaapparat durch Konzernvertreter gehören. Die Autorin ist dieser<br />

konzeptionell bedeutsamen Problematik ausgewichen, obwohl sie diese Fragen<br />

kennt, wie aus den im Literaturverzeichnis genannten marxistischen Arbeiten<br />

und aus einigen Quellenhinweisen in Anmerkungen zu ersehen ist. Andererseits<br />

ist wiederum die Abgrenzung der Monographie von der apologetischen Rechtfertigungsliteratur<br />

hervorzuheben: Sywottek kritisiert die Verzeichnung der Rolle<br />

von Propagandaminister Goebbels und die Fälschungen in Autobiographien und<br />

Darstellungen, vermerkt die häufig vorkommende Beschränkung der Veröffentlichungen<br />

in der BRD auf Organisation und Technik der Nazipropaganda hin,<br />

wobei dann aus dem Blickwinkel auf nur ein Medium und sein Wirken in einem<br />

eng begrenzten Zeitraum nicht selten unzulässige Verabsolutierungen erfolgten.<br />

Im Gegensatz dazu untersuchte Sywottek die Propagandaleitlinien über Jahrzehnte<br />

- vom Ende des ersten Weltkrieges bis zum Kriegsbeginn 1939. Ihr Anliegen<br />

war es, nachzuweisen, "daß die deutsche Bevölkerung langfristig für einen<br />

Krieg psychologisch mobilisiert worden ist und daß dies durch konzentrierten<br />

und zielgerichteten Einsatz aller verfügbaren Publikationsmittel geschah" (S. 11).<br />

So sehr sich Sywottek mit dieser richtigen Erkenntnis auch von anderen Publikationen<br />

unterscheidet, so ist ihr doch die Umsetzung nicht in allen Fällen geglückt.<br />

Für eine wirklich umfassende Untersuchung fehlt nicht nur die Wertung<br />

der von den Monopolherren ausgehenden Manipulierung der Werktätigen, Sywottek<br />

ließ auch den Kultursektor (z. B. Theater, Bildende Künste, Musik,<br />

Sport) und seinen Mißbrauch zur Beeinflussung der deutschen Bevölkerung fast<br />

völlig außer acht. Zu kurz kommt ferner die Geschichtspropaganda; denn z. B.<br />

die Verherrlichung der preußischen Kriege und die Glorifizierung reaktionärer<br />

Persönlichkeiten waren neben der nationalistischen Verfälschung des Ersten<br />

Weltkrieges Hebel zur Schürung einer neuen Kriegsbereitschaft. Breiten Raum<br />

widmet Sywottek der Untersuchung der "Lehren" der deutschen Reaktion aus<br />

dem Ersten Weltkrieg, vor allem der Herausbildung der <strong>Theorie</strong> des "totalen<br />

Krieges" und ihrer Rolle bei der psychologischen Mobilmachung des deutschen<br />

Volkes. Bei der Darstellung des Wirkens der Propagandaorgane des Nazistaates,<br />

der NSDAP und der Wehrmacht von 1933 bis 1939 werden u. a. das Wechselspiel<br />

zwischen Friedensdemagogie und Aufrüstungspropaganda, die Rolle von<br />

Antikommunismus und Antisowjetismus sowie die Erzeugung von Feindbildern<br />

durch die Hetze gegen die UdSSR, die Tschechoslowakei und Polen besonders<br />

beleuchtet. Hier wird eine Fülle neuer Materialien aufbereitet. Weitgehend ausgeklammert<br />

hat die Verfasserin die Probleme der Wirkung der Meinungsmanipulierung<br />

unter den Massen. Außer einer knappen Behandlung im letzten Kapitel<br />

(233 ff) hat sie sich damit die Möglichkeit der Veranschaulichung des tiefen<br />

Eindringens der faschistischen Ideologie und Propaganda in die einzelnen Klassen<br />

und Schichten verbaut, wobei es notwendig wäre, die Stimmung und Haltung<br />

der Klassenkräfte differenziert darzustellen. So kommt es, daß im Buch<br />

DAS ARGUMENT 102/1977 ©

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