02.03.2014 Aufrufe

Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

258 Besprechungen<br />

V. 29 f für 1840-48 gebraucht), nicht "teleologisch auf die 48er Revolution zuzuordnen<br />

ist" (M/S. 2).<br />

Publizistik, Kritik und Polemik sind nach 1830 bestimmende Formen der literarischen<br />

Produktion, die sich insgesamt durch Funktionalisierung und Rekurs<br />

auf den operativen Literaturbegriff der Aufklärung auszeichnet. Mattenklottl<br />

Scherpe machen unter Bezug auf F. Sengle darauf aufmerksam, daß dieser Rekurs<br />

für reaktionäre und progressive Literatur gilt (M/S. 5 0. Dies und die noch<br />

allgemein bürgerliche Formbestimmtheit auch der tendenziell demokratischen<br />

und sozialistischen Literatur zeigt, daß die literarische Technik hier nicht allein<br />

schon als Kriterium der Progressivität eines Textes gewertet werden kann. Anders<br />

Vaßen, der die operativen Genres zu einseitig als ansatzweise "adäquate<br />

Darstellung der Realität" sieht (23).<br />

Die differenzierte und anregende Einleitung von Mattenklott/Scherpe bleibt<br />

Programm. Die Forderung, "Vormärz" als literarische Periodisierung müsse den<br />

Widersprüchen in der Literatur der Zeit Rechnung tragen, soll nicht die Isolierung<br />

und Verdrängung progressiver Literatur in der traditionellen Literaturgeschichtsschreibung<br />

unter umgekehrten Vorzeichen reproduziert werden (M/S. 4),<br />

findet in den Beiträgen ebensowenig wie die literarische Artikulation der "wachsenden<br />

Empörung der Volksmassen" (M/S.2) hinreichend Berücksichtigung.<br />

W. Grab (9-84), der als einziger über den Bereich der "Hochliteratur" hinausgeht,<br />

erhebt den Anspruch, erstmals den revolutionären Dichter Harro Harring<br />

mit der "Methode des historischen Materialismus" zu untersuchen (M/S. 11 f.).<br />

Heraus kommt ein informativer - und distanzierter - biographischer Abriß, dessen<br />

Stationen jeweils mit Zitaten aus Harrings immenser literarischer Produktion<br />

garniert sind. Möglichkeiten und Formen der von Harring intendierten agitatorischen<br />

und verändernden Wirkung von Literatur und Rezeptionsprobleme bleiben<br />

unberücksichtigt.<br />

L. Wawrzyn (85-115) liefert eine sehr lesenswerte Interpretation von "Leonce<br />

und Lena" als Kritik der feudalen Verhältnisse; manches bleibt aphoristisch. K.<br />

Briegleb (117-150) macht den Text des preußischen Auftragspamphlets von 1834<br />

gegen Heine zugänglich und relativiert Menzels Bedeutung als Denunziant des<br />

Jungen Deutschlands. G. Farese (187-244) revidiert Mehrings und Lukacs Überbewertung<br />

Freiligraths und Unterbewertung Herweghs, mit dessen Gedicht "Die<br />

Partei" (Febr. 1842) und der bei Herwegh konstatierten eindeutigen ästhetischpraktischen<br />

Absicht (205), die Farese von der ästhetisch-literarischen Revolution<br />

der Jungdeutschen abhebt (196), er die "aktive Phase" des "Vormärz" eingeleitet<br />

sieht (197). Fareses Anmerkungen geben gleichzeitig einen guten Überblick<br />

über die neuere Vormärzforschung. Das Grundkursmodell von R.-P. Janz<br />

(145-259) sucht am Beispiel Grillparzers, Mörikes, Büchners und Heines den<br />

Prozeß der innerbürgerlichen Fraktionierung aufzuzeigen. Ein wichtiger Beitrag<br />

von 1. und G. Oesterle, der den Intentionen der Einleitung weithin entspricht,<br />

analysiert die Funktion literarischer Polemik differenziert an der Auseinandersetzung<br />

Gutzkows, Heines und Börnes mit Menzel. ,,In den gegenseitigen Unterstellungen<br />

und Verdächtigungen zwischen Menzel und den Jungdeutschen reflektiert<br />

sich unerkannt das fortan zweifache Problem von Literatur am Ende der<br />

Kunstperiode: einerseits ihre vorschnelle Auslieferung an eine Politik, die sich,<br />

obwohl Sonderinteresse, als Allgemeininteresse ausgibt, und andererseits ihre<br />

sich selbst halb verborgen, halb vor sich selbst versteckte Indicnstnahme durch<br />

den kapitalistischen literarischen Markt hindurch für die bürgerliche Gesellschaft."<br />

(152/53).<br />

nA~ A or..Tn,AI:::1VT 1/).,/1Q"7'" tP.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!