Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziologie 269<br />
an Spezialisten, sondern eher an ein breites Publikum, das allerdings einen guten<br />
Überblick über die Probleme bekommt, mit denen sich die DDR-Soziologen gegenwärtig<br />
befassen und die sich z. T. schon erheblich von den Problemen unterscheiden,<br />
die in der BRD und in der Arbeit westlicher Soziologen auftauchen.<br />
Ursula Koch (Emden)<br />
Die Fra u und die Ge seIl s c h a f t. Hrsgg. von der Forschungsgemeinschaft<br />
"Geschichte des Kampfes der Arbeiterklasse um die Befreiung der<br />
Frau" an der Pädagogischen Hochschule "Clara Zelkin" Leipzig. Verlag für<br />
die Frau, Leipzig 1974 (224 S., Ln., 9,80 M).<br />
Hinter dem ganz allgemein formulierten Titel verbirgt sich in den ersten drei<br />
Vierteln des Buches eine Geschichte der deutschen proletarischen Frauenbewegung<br />
von etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1945/46. Der Schwerpunkt<br />
liegt dabei auf der Darstellung des nichtreformistischen Flügels der SPD bzw.<br />
der KPD und der Arbeit von Clara Zetkin mit ihrer Frauenzeitschrift "Die<br />
Gleichheit". Die letzten 60 Seiten des Buches befassen sich mit der Entwicklung<br />
der DDR bis 1974 unter dem Aspekt der Verwirklichung des alten Anspruchs<br />
der Arbeiterbewegung auf Gleichberechtigung und Emanzipation der Frauen.<br />
Ausgangsthese der vorliegenden Arbeit ist, daß die Befreiung der Frau nur erfolgen<br />
kann durch den Sieg der Arbeiterklasse und mit der Durchsetzung sozialistischer<br />
Produktionsverhältnisse. Konkret bedeutet das: Lösung der Frau aus ihren<br />
Bindungen an Familie und Hausarbeit, was gesellschaftlich organisiert werden<br />
muß; Eingliederung in den Produktionsprozeß auf der Grundlage einer fortschreitenden<br />
Qualifizierung der Frau, was erst die Voraussetzung für ihre materielle<br />
Unabhängigkeit und allgemeine Persönlichkeitsentfaltung schafft; Beteiligung<br />
am allgemeinen gesellschaftlich-politisch-kulturellen Leben (u. a. 16 ff.).<br />
Dementsprechend liegt im historischen Teil der Arbeit auch ein Schwerpunkt<br />
auf der Auseinandersetzung mit Auffassungen, die der Frau das Recht auf Arbeit<br />
absprechen wollten - Auffassungen, die übrigens auch in der Arbeiterbewegung<br />
selbst und anfangs sogar ansatzweise in der KPD verbreitet waren (u. a. 11,<br />
70). Die Maßnahmen, die in der DDR nach 1945 ergriffen wurden, werden ebenfalls<br />
zu einem großen Teil aus dieser Perspektive dargestellt.<br />
Ein Mangel der gesamten Arbeit ist damit schon angedeutet, nämlich die Vernachlässigung<br />
von Emanzipationsproblemen, die auch in den sozialistischen<br />
Ländern auf ihre Lösung warten, wie sich z. B. an einer Vielzahl von Romanen<br />
aus der DDR nachweisen läßt: Sexualität, Partnerbeziehungen, Ehe, allgemein<br />
die Schwierigkeit, Bewußtseinsstrukturen und Verhaltensmuster bei Frauen und<br />
Männern zu verändern.<br />
So eindrucksvoll auch die Liste der in der DDR erreichten Fortschritte auch in<br />
den gerade genannten Bereichen ist - die Darstellung der heutigen Lage der<br />
Frauen erscheint als zu glatt. "In der Deutschen Demokratischen Republik ist<br />
die Frau gleichberechtigt." (198): dieses Resümee stimmt nicht überein mit den<br />
von denselben Autoren vorher beschriebenen noch vorhandenen Problemen und<br />
fällt weit zurück hinter das <strong>Diskussion</strong>sniveau, das etwa die DDR-5chriftstellerin<br />
Irmtraud Morgner in ihrem letzten Roman "Leben und Abenteuer der Trobadora<br />
Beatriz" erreicht hat.<br />
Unstimmigkeiten treten auch bei der Behandlung von Einzelfragen auf. So<br />
wird z. B. nicht einmal die Frage gestellt, warum der Schwangerschaftsabbruch