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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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298 Besprechungen<br />

faßt als ein bündnispolitisches Konzept, wie es Koppel nahelegt (76), der "Hegemonie"<br />

und des "Stellungskrieges" (19 f). Das erste Kapitel ("Der sektiererische<br />

Beginn") und das in ihm enthaltene Gramsci-Bild haben am stärksten unter der<br />

Raffung gelitten: Einerseits fehlt der in diesem Zusammenhang unbedingt notwendige<br />

Hinweis auf die "oeeidentale" Stoßrichtung von Gramscis Staats- und<br />

Revolutionsmodell (Gramsci bezeichnet ja z. B. mit "Stellungskrieg" ein Spezifikum<br />

westlicher Gesellschaften - etwa gegenüber Rußland~ die Kennzeichnung<br />

von "Bewegungskrieg" - das Gegenstück zum "Stellungskrieg" - als "Offensive"<br />

und des "Stellungskrieges" als "Defensive" ist sicher unzulänglich); zum<br />

anderen erweckt diese Passage (19 f) den Eindruck, als habe Gramsci diese Konzeptionen<br />

schon in der Phase vor seiner Einkerkerung entwickelt. Dies ist jedoch<br />

anhand seiner Schriften nicht zu belegen.<br />

Die skizzierten Schwächen des ersten Kapitels sind auch deshalb gravierend,<br />

weil durch die in ihm angelegten Verkürzungen die Chance für den Leser gemindert<br />

wird, die späteren programmatischen Entwicklungsschritte der KPI -<br />

z. B. die Togliattische Ausarbeitung des "italienischen Weges zum <strong>Sozialismus</strong>"<br />

oder die Haltung der KPI zur Verfassung des T\achkriegs-Italien (vgl. den zit.<br />

Artikel von SerenL 129) - theoretisch auf die fundamentalen Konzeptionen<br />

Gramscis zu beziehen bzw. die These Koppels von der ideologischen "Einheit"<br />

der "Klassiker des Marxismus, vor allem Lenin(s) mit Gramsei und Togliatti"<br />

(77) zu überprüfen.<br />

Gelungen ist wiederum die Beschreibung der innerparteilichen <strong>Diskussion</strong><br />

über die von der historischen Entwicklung (Illegalität/Resistenza - Regierungsverantwortung<br />

- Opposition) diktierten. abrupt wechselnden Kampfbedingungen.<br />

Die Darstellung dieser <strong>Diskussion</strong> - die Autorin widmet ihr zu Recht das wichtige<br />

Schlußkapitel - vermittelt einen Eindruck von dem, was als das "Besondere"<br />

dieser Partei erscheint und was ihren zunehmenden Erfolg ausmacht: "Der lange<br />

Weg der IKP L ..) ist begleitet von einer sich ständig erweiternden inneren, öffentlich<br />

geführten <strong>Diskussion</strong>" (151); die im Buch angeführten Beispiele für solche<br />

bis in die Parteispitze hinein kontrovers geführte und veröffentlichte <strong>Diskussion</strong>en<br />

- etwa die Auseinandersetzung um den "historischen Kompromiß" zwischen<br />

Terracini, lngrao, Trentin und Amendola (49) - lassen sich um ein aktuelles<br />

ergänzen: Die Offenheit und Öffentlichkeit, mit der in der KPI derzeit um<br />

die Wirtschaftspolitische Strategie gerungen wird, verblüfft manchen, der das<br />

Agieren hiesiger Kommunisten gewohnt ist. "Die italienische Partei praktiziert<br />

in besonders augenfälliger Weise die dialektische Aufhebung des Widerspruchs,<br />

der in den vereinigten Begriffen von "demokratisch" und "zentralistisch" zu liegen<br />

scheint. Zentralisiert werden kaI/li ja nur eine Vielfalt von Dingen und Meinungen,<br />

und sie diirlen nur zentralisiert werden, wenn sie vorher mit- und gegeneinander<br />

abgewogen, d. h. demokratisch behandelt werden" (149).<br />

Koppel deutet an, daß das Gelingen dieser "dialektischen Aufhebung" der<br />

KPI nicht zugefallen, sondern historisches Ergebnis ihrer politischen Anstrengungen<br />

ist.<br />

Die in der BRD immer noch ausstehende Aufarbeitung der seit Gramsci in<br />

der KPI vorhandenen theoretischen Grundlagen für eine authentische Revolutionsstrategie<br />

in den westeuropäischen Ländern kann an die KPI-Gesehichte<br />

Koppels anknüpfen<br />

Herbe Kritik muß dem Verlag bzw. Lektorat dieses Buches gelten: Zum ersten<br />

ist es unbegreiflich, warum der wissenschaftliche Charakter der (als Dissertation<br />

verfaßten) Arbeit fallengelassen wurde. Der Nachweis von Zitaten sollte zur<br />

nA, AIU-;([MFNT 1(11'1Q77 rB

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