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Sozialismus-Diskussion - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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226 Clodomiro Almeyda<br />

Ausführungsbestimmungen und Ausführung gesellschaftlichen Bedürfnissen<br />

untergeordnet werden.<br />

Das bedeutet schließlich in der Praxis. wenn man solche Geschehnisse wie in<br />

Indonesien. in Chile, in Bolivien, in Uruguay, in Brasilien vermeiden will, daß<br />

die repräsentative Demokratie. wie sie in ihrer scheinbaren Neutralität von der<br />

bürgerlichen Ordnung ererbt wird, während der Übergangsperiode zu einer revolutionären<br />

und antifaschistischen Demokratie wird, die in der Lage ist, die Konterrevolution<br />

offen und legitim zu bekämpfen, die Verzerrung der öffentlichen Meinung<br />

durch den Feind zu verhindern, das Volk in vielfältiger Weise in die<br />

Machtinstanzen einzubeziehen; und die auch in der Lage ist, die Entwicklung einer<br />

Führungskraft der Revolution zu förderen. ohne die die Revolution unmöglich<br />

ist. Ich verstehe, daß der demokratische Aspekt des Staates unter den westeuropäischen<br />

Bedingungen das sichtbare Antlitz des Staates ist, denn dort ist<br />

heute die etablierte Ordnung nicht wirklich in Gefahr. Doch ich bin sicher, daß<br />

in dem Augenblick, in dem in Frankreich oder in Italien die Machtfrage wirklich<br />

auf der Tagesordnung steht, der Zwangsaspekt des Staates sichtbar werden wird;<br />

sei es, weil der Faschismus versuchen wird. den revolutionären Kräften den Zugang<br />

zur Regierung zu verstellen, sei es, weil diese Kräfte, wenn sie an die Regierung<br />

gelangen, notwendigerweise Zwang gegen die Konterrevolution anwenden<br />

müssen.<br />

Wir haben uns in Chile auch sehr um die Bewahrung der Freiheiten und wenig<br />

um unsere eigene Organisation gekümmert, um der konterrevolutionären<br />

Gewalt entgegenzutreten. Aus eben diesem Grunde muß unser Volk heute alle<br />

Freiheiten entbehren und die grausamste und erbarmungsloseste aller Gewalten<br />

erleiden.<br />

Im marxistischen Denken weist der Staat als politische Macht immer zwei<br />

Aspekte auf: einen demokratischen als Ausdruck des sozialen Konsenses; und einen<br />

diktatorischen als Ausdruck des Interesses der herrschenden Klasse in der<br />

Gesellschaft, das als Zwang seine Verkörperung im Recht findet. Der zwanghaft<br />

klassenmäßige Aspekt ist allerdings grundlegend, da in jeder Klassengesellschaft<br />

die Interessen der gesamten Gesellschaft gemäß dcn Reproduktionsbedürfnissen<br />

der herrschenden Gesellschaftsordnung ausgelegt und umgesetzt werden. Das<br />

läßt sich am Beispiel des Bildungssystems in der bürgerlichen Gesellschaft nachvollziehen,<br />

wo die Tätigkeit des Staates zur Befriedigung der Bildungsbedürfnisse<br />

der Bevölkerung im Interesse und im Einklang mit den Anforderungen der Reproduktion<br />

und Entwicklung des Gesellschaftssystems ausgeführt wird. Vor allem<br />

muß dabei jedoch an die Aufgabe der Streitkräfte gedacht werden, deren<br />

Existenz mit Gründen der nationalen Sicherheit gerechtfertigt wird, die in den<br />

Klassengesellschaften mit den Werten und <strong>Institut</strong>ionen gleichgesetzt wird, auf<br />

denen die Gesellschaftsordnung ruht.<br />

In der Übergangsperiode zwischen Kapitalismus und <strong>Sozialismus</strong> beinhaltet<br />

das politische System ebenfalls diese beiden Aspekte. Es ist demokratisch für die<br />

Werktätigen, ja man kann sagen für die gesamte Gesellschaft, und diktatorisch<br />

gegenüber den Interessen der bis dahin herrschenden Klassen, die institutionell<br />

unterdrückt werden, um die Konterrevolution zu verhindern und die ehemals<br />

Herrschenden zu zwingen. sich gemäß der neuen Sozialordnung zu verhalten,

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