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Themis, Dike und Verwandtes; ein Beitrag zur Geschichte der ...

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202<br />

<strong>Dike</strong>.<br />

neue Form <strong>der</strong> Gerechtigkeit mit den alten berührt, so ist<br />

sie doch <strong>ein</strong>e neue, <strong>und</strong> neu nicht nur durch die Ausdehnung<br />

auf <strong>ein</strong> neues grösseres Gebiet. Diese Gerechtigkeit, nach<br />

<strong>der</strong> Je<strong>der</strong> das S<strong>ein</strong>e thut, wie es ihm vom Gesetz zugewiesen<br />

wird, will nicht nur <strong>ein</strong> noch so gerechtes Leiden (ögaoavra<br />

jiad-slv), 1<br />

) sie begnügt sich auch nicht mit <strong>der</strong> Herstellung<br />

des rechtmässigen Besitzes (ßxtiv), 2 ) son<strong>der</strong>n ihr letztes Ziel<br />

ist überall <strong>ein</strong> Handeln {jigarrBiv),^) <strong>und</strong> nicht <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>maliges<br />

Handeln son<strong>der</strong>n <strong>ein</strong> fortwährendes Handeln, <strong>ein</strong> ganzes<br />

Leben; <strong>und</strong> sie vollzieht sich auch nicht im Hinblick nur<br />

auf Einzelne, son<strong>der</strong>n stets mit Rücksicht auf die lebendige<br />

Gesammtheit. Durch das an Jeden ergehende Gebot das<br />

S<strong>ein</strong>ige zu thun (ra havzov JiQaxxuv) wird dies deutlich<br />

genug ausgesprochen, da <strong>der</strong> Einzelne dadurch nicht isolirt<br />

son<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong> Einsamkeit herausgehoben <strong>und</strong> zu allen<br />

Uebrigen in Beziehung gesetzt wird. 4<br />

)<br />

So ersch<strong>ein</strong>t die Gerechtigkeit als das Leben <strong>ein</strong>er Ge-<br />

sammtheit, das in jedem <strong>ein</strong>zelnen Akt auch nur <strong>ein</strong>es <strong>ein</strong>zelnen<br />

Gliedes sich spüren lässt. Sie ist daher in dem<br />

Maasse selbständig, als die Gesammtheit selber auf eigenen<br />

Füssen steht, <strong>und</strong> schafft als „austheilende" (öiavsf/^tixrj)<br />

Gerechtigkeit (zu <strong>der</strong> „das S<strong>ein</strong>e zu thun" nur <strong>ein</strong> Correlat<br />

o<strong>der</strong> die Erfüllung ist) sich fortwährend, in stets neu<br />

lebendiger Verwirklichung, ihr eigenes Recht, das die „be-<br />

richtigende" (diOQ&cotixrj) Gerechtigkeit nur wie<strong>der</strong>herzu-<br />

stellen vermag. 5 ) "Während die alte Gerechtigkeit sich<br />

nothdürftig stützte auf göttliches Gebot 6 ) <strong>und</strong> von den<br />

J<br />

) 0. S. 191.<br />

2 ) 0. S. 186 ff. 199, 2.<br />

3) 0. S. 196, 3.<br />

*) 0. S. 196, 3.<br />

5) 0. S. 162 f.<br />

6 ) Auf göttliches Gebot geht die Talion <strong>zur</strong>ück nach Piaton Gess.<br />

IX 872Df. 873 A, vgl. auch Hirzel Der Eid S. 90, 3 u. o. S. 40, 1 u. 2.<br />

158, 3. Die <strong>der</strong> Talion analoge Wie<strong>der</strong>vergeltung empfangener Wohl-<br />

thaten wird von Xenophon Mem. IV 4, 24f. aus 9eToi vofioi abgeleitet<br />

<strong>und</strong> bei Aristot. Eth. Nik. V 8 p. 1133 a 3 unter den Schutz <strong>der</strong><br />

XäQizeQ gestellt (vgl. auch o. S. 40, 1). In 1001 Nacht VID 22 S. 142<br />

übers, v. Henning: „Wie sollte ich Geldbusse von den Leuten nehmen?<br />

N<strong>ein</strong>, ich will nach dem heiligen Gesetz Befehl ertheüen <strong>und</strong>, wie Gott<br />

angeordnet hat: „Leben für Leben".

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