Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
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psychisches Programm ist? Oder ist sie ein Videofilm, den Gott gedreht<br />
hat und sich jetzt anschaut? Wir Menschen agieren auf dem »Bildschirm«<br />
unserer Welt, sind mit unserem Denken und Tun in dieser<br />
Schein-Welt gefangen. Weil wir uns an die Zeit der Dreharbeiten nicht<br />
mehr erinnern können, glauben wir, frei zu sein. Dabei ist jede unserer<br />
Handlungen, auch dieser Essay, im Drehbuch vorgeschrieben. Gelegentlich<br />
schaut der Regisseur sich eine Stelle zweimal an. Dann haben<br />
wir ein vages Déjà-vu-Erlebnis.<br />
�<br />
Der Video-Vergleich löst mit einem Schlag zwei theologische Probleme:<br />
Das Problem der Prädestination: Wenn Gott die Zukunft kennt,<br />
dann muss die Zukunft feststehen. Das ist logisch zwingend. Wenn<br />
aber die Zukunft feststeht, wie sieht es dann mit Gottes Allmacht aus?<br />
Offenbar kann er nur noch hilflos zuschauen, wie sein Film abläuft.<br />
Ergo: Gott ist ohnmächtig.<br />
Die Lösung: Wenn die Weltgeschichte ein Videoband ist, dann ist<br />
der göttliche Regisseur kein Teil des Films, und er steht außerhalb der<br />
Film-Zeit. Er kann das Band beliebig oft abspielen, er kann es auch<br />
teilweise löschen, z. B. mittels einer Sintflut, und neue Sequenzen einfügen<br />
– oder es auf den Müll werfen.<br />
Das Problem der Theodizee: Wenn der liebe Gott alles lenkt, wie<br />
kommt dann das Böse in die Welt? Warum ist der Alltag voll von Mord<br />
und Totschlag?<br />
Die Lösung: Auch der friedlichste Mensch sieht gern mal einen<br />
Abenteuerfilm. Warum sollte Gott keinen Spaß an action und Intrigen<br />
haben? Und wo gäbe es einen Helden ohne den finsteren Bösewicht,<br />
der ihn bis zum letzten fordert? Was wäre James Bond ohne Dr. No &<br />
Co.? Leiden sind Bewährungsproben. Wir wachsen an unseren Herausforderungen.<br />
Was uns formt, ist das Unglück. Wenn wir es bewältigen,<br />
bringt es zum Dank da<strong>für</strong> unseren Charakter zum Vorschein.<br />
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