Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
�<br />
Apropos Verderben: Interessiert es Sie, was aus meinem Freund Edgar<br />
Fuchs geworden ist? Ja? Schön! Nein? Egal, ich erzähl's Ihnen trotzdem.<br />
Also, nach der Tragödie mit Theodora brauchte Edgar eine<br />
Therapie. Dort wurde er gründlich umgepolt. Und da er über das gewisse<br />
Etwas verfügte, hatte er auch bald wieder eine Freundin. Sie hieß<br />
Dorothea und vergötterte Edgar. Aber schon nagten neue Zweifel an<br />
ihm: dass Dorothea ihn liebte, konnte jeder sehen; aber liebte sie ihn<br />
auch wirklich um seiner selbst willen? Vielleicht war sie ja nur hinter seinem<br />
Geld her. Er verschenkte alles, was er hatte, an die Armen. Dorothea<br />
liebte ihn deswegen nur um so mehr. Aber vielleicht liebte sie nur<br />
seinen Körper? Er wusch sich nicht mehr, ließ sich eine Riesenspinne<br />
ins Gesicht tätowieren und entmannte sich mit einem Fuchsschwanz.<br />
Sie liebte ihn trotzdem. Aber vielleicht, grübelte Edgar, tat sie es ja nur<br />
wegen seiner überlegenen Intelligenz? Er schoss sich eine Kugel durch<br />
den Kopf, die alle höheren Hirnfunktionen lahm legte. Seitdem hat er<br />
das Seelenleben einer Auster. Dorothea pflegt ihn mit liebevoller Hingabe.<br />
Aber liebt sie ihn nun wirklich um seiner selbst willen? Hat er denn<br />
sein Selbst nicht an die Wand gepustet? Vielleicht hat sie ihn selbst ja<br />
niemals geliebt, sondern immer nur ihren eigenen Traum von der Großen<br />
Liebe, das heißt im Endeffekt sich selbst ... In der Liebe (und in der<br />
<strong>Philosophie</strong>) kann man sich halt nur auf eines verlassen, und das ist der<br />
Zweifel.<br />
Zum Weiterlesen empfehle ich:<br />
Im Labyrinth des Denkens von William Poundstone (Reinbek 1995).<br />
– 25 –