Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
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10)Der Fehlschluss vom Preis einer Ware auf ihre Qualität.<br />
11)Der Fehlschluss von einer Statistik auf die tatsächlichen Verhältnisse.<br />
12)Der Fehlschluss von dem, was einer verspricht, auf das, was einer<br />
halten will.<br />
13)Last not least: Der Fehlschluss vom Wort auf die Sache, vom<br />
Satz auf den Sachverhalt, von der Geschichtsschreibung auf die<br />
Geschichte: Wörter werden erfunden, weil sie etwas über die<br />
Welt aussagen sollen. Aber die Elemente der Sprache stehen<br />
nicht nur in Beziehung zur Welt, sie haben auch interne Beziehungen.<br />
Sätze richten sich nach der Grammatik, nicht nach den<br />
Naturgesetzen, die Weltgeschichte folgt nicht, wie uns die Geschichtsschreibung<br />
glauben machen will, einer geheimnisvollen<br />
Dramaturgie. Nur allzu gern übertragen wir Strukturen der<br />
Sprache zurück in die Welt der Tatsachen. Das Ergebnis ist ein<br />
logomorphes, d.h. »sprachähnliches« Weltbild mit (in deutschen<br />
Landen) drei Geschlechtern, drei Zeitstufen, Aktiv und Passiv<br />
sowie einem Inventar, das dem Wortschatz entspricht. Das<br />
Dumme an diesem Fehlschluss ist, dass wir ihm nicht entkommen<br />
können. Die Sprache ist ein Gefängnis mit unsichtbaren<br />
Mauern, in dem unsere Vorstellungskraft ihr Lebenslänglich absitzt.<br />
Und die Logik ist die Anstaltsordnung, die fleißig ignoriert<br />
wird.<br />
�<br />
Zum Schluss eine hypothetische Frage: Sollte man den Menschen<br />
mehr Logik einbläuen? Wäre es ein lohnendes Projekt, alle Fehlschlüsse<br />
durch Genmanipulation zu eliminieren, so dass lauter kleine Sherlocks<br />
heranwüchsen? Wie viel Logik braucht der Mensch?<br />
Blaise Pascal, ein begnadeter Mathematiker und Mystiker, gab darauf<br />
eine typische Antwort: »Nur ein Schilfrohr, das zerbrechlichste in der<br />
Welt, ist der Mensch, aber ein Schilfrohr, das denkt... Unsere ganze<br />
Würde besteht im Denken, an ihm müssen wir uns aufrichten und<br />
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