Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
der Weltwirtschaft ein Wörtchen mitreden möchte, bezeichnet sich als<br />
global player. Der Bundeskanzler tritt in »Wetten dass ...?« auf. Kein<br />
Zweifel: Der tierische Ernst ist von gestern, das Spiel hat Hochkonjunktur.<br />
Selbst die strenge Wissenschaft wurde vom Spielfluss unterspült.<br />
1944 erschien in Princeton ein voluminöses Werk über<br />
Spieltheorie und wirtschaftliches Verhalten. Die Autoren, John von Neumann<br />
und Oskar Morgenstern, untersuchen darin mit mathematischer<br />
Gründlichkeit das Problem rationalen Verhaltens in komplexen Situationen.<br />
In der Sprache des Spiels: »Welche Strategie führt bei gegebenen<br />
Spielregeln zum Gewinn?« Das Buch begründete eine neue<br />
philosophische Disziplin, die Spieltheorie.<br />
Noch folgenreicher war der Einfluss des Spielerischen auf die Methode.<br />
Das begann im Kinderzimmer mit dem Lernspielzeug. In der Schule<br />
ersetzte das »Entdeckende Lernen« den lehrerzentrierten, deduktiven<br />
Unterricht. Die Neugier auf mögliche Lösungen verdrängte die Angst<br />
vor dem Fehler. Speziell am Computer ließ das kindlich spielerische<br />
Lernen die systematischen Anstrengungen der Erwachsenen alt und<br />
doof aussehen. Die Genies haben es immer gewusst: Wo innovatives<br />
Denken gefordert ist, siegt die Bauklötzchen-Methode: Probieren geht<br />
über Studieren, und Versuch macht klug.<br />
Für die philosophische Literatur bedeutet das: Neben der lederzähen<br />
Gelehrsamkeit, die es natürlich weiterhin gibt, gedeiht – besonders jenseits<br />
des Atlantiks – eine lustvolle Jonglierkunst des Denkens. Wildern<br />
ist erlaubt, sofern es der Wahrheitsfindung dient. Science-Fiction-Literatur<br />
trägt ebenso zum Durchblick bei wie Zen-Gedichte oder Texte<br />
über Teilchenphysik. Nicht einmal Abbildungen sind verpönt! So haben<br />
Bücher wie Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter – 2500<br />
Jahre nach Platons witzig-unterhaltsamen Dialogen – das Spiel in der<br />
<strong>Philosophie</strong> rehabilitiert. Wie schön. Doch was ist das eigentlich, ein<br />
Spiel?<br />
Der einflussreiche Spielosoph Johan Huizinga hat die folgende ungefähre<br />
Eingrenzung des Begriffs vorgeschlagen: »Der Form nach betrachtet,<br />
kann man das Spiel ... eine freie Handlung nennen, die als ›nicht so<br />
– 108 –