Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
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te er um? Warum? Da hatte der kleine Nils Holgersson doch mehr<br />
Mumm! Und der junge Parzival schaute sich nicht einmal um, als seiner<br />
Mutter das Herz brach. Bereits einen Tag später hatte er im Pavillon<br />
der schönen Herzogin Jeschute seinen ersten Minnedienst verrichtet.<br />
Bravo! Was <strong>für</strong> ein überwältigendes Gefühl, sich vertrauensvoll seinem<br />
Schicksal in die Arme zu werfen. »Ich wusste, irgendwo auf der Strecke<br />
würde es Mädchen geben, Visionen, alles; irgendwo auf der Strecke<br />
würde mir die Perle überreicht werden«, schildert Jack Kerouac seinen<br />
Aufbruch aus New York. »So machte ich eines Morgens zum letzten<br />
Mal mein bequemes Bett, nahm meinen Segeltuchsack, in den ein paar<br />
Sachen des allerprimitivsten Bedarfs gepackt waren, und zog mit fünfzig<br />
Dollar in der Tasche los zum Stillen Ozean.«<br />
Ich hatte buchstäblich keinen Pfennig in der Tasche, als ich mit fünfzehn<br />
Jahren und zwei Plastiktaschen von zu Hause ausriss. Aber wozu<br />
Geld! Und wozu ein Reiseziel? Die Welt war prallvoll von Prinzessinnen<br />
und halben Königreichen. Das Führerhaus des Lastzugs, der mich an<br />
der B 4 aufgelesen hatte, wurde zum Bug der »Argo«. Der Diesel rüttelte<br />
und das Radio dröhnte: »House of the Rising Sun«. Es war der ultimative<br />
Flash. Meine späte Rache an Hänschenklein. »There was a house in<br />
New Orleans, they called ›The Rising Sun‹...« Die Euphorie dauerte bis<br />
Uelzen. Schade, dass man solche Reisen nur einmal im Leben machen<br />
kann.<br />
�<br />
»Und du fährst überhaupt nicht mehr in Urlaub?« fragte Lydia ungläubig.<br />
»Keine Lust mehr. Ich komm' auch so genug rum«, sagte ich.<br />
»Ohne Urlaub könnt' ich nicht«, sagte sie. »Letztes Jahr bin ich<br />
knapp vierzig Stunden geflogen.«<br />
»Nur vierzig? Da komm' ich auf mehr.«<br />
Das verschlug der Schere das Gewisper: »Echt?«<br />
»Knapp zehntausend.«<br />
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