Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
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Beim Lesen alter <strong>Philosophie</strong>-Texte ergibt sich nun ein besonderes<br />
Problem. Die Autoren – wie z. B. Augustinus – haben <strong>für</strong> ihre Epoche<br />
geschrieben, nicht <strong>für</strong> uns. In den Jahrhunderten, die seither vergangen<br />
sind, haben sich Sprechen und Denken gewandelt, d.h., die »Taschen«<br />
auf dem Billard-Tisch sind verschoben. Das hat zur Folge, dass uns die<br />
Botschaften aus früheren Zeiten oftmals verfehlen. Gern geben wir<br />
dann dem Autor die Schuld. Dabei wäre es unsere Aufgabe, das Spiel<br />
umzufunktionieren und dem Autor ein Stück entgegen zu denken. Der<br />
Wert der alten Texte liegt nicht so sehr in den fachlichen Informationen,<br />
die wir ihnen entnehmen können, als vielmehr darin, dass wir in<br />
die Zeit reisen, uns auf eine ferne Kultur einlassen und uns dem Denken<br />
eines Menschen öffnen, der in einer völlig anderen Welt gelebt hat.<br />
Das <strong>Philosophie</strong>-Studium erweitert, richtig betrieben, wie kaum etwas<br />
anderes den gedanklichen Horizont. Und einen weiteren Horizont<br />
können wir gebrauchen, denn die Sprache ist nicht nur das Kleid des<br />
Gedankens, sie ist auch ihre Zwangsjacke. Wir können nur in der Sprache<br />
denken.<br />
Der einzige Fluchtweg aus unserem Sprachgehege führt über das Erlernen<br />
von Fremdsprachen. Denn bei allen Gemeinsamkeiten stellt<br />
doch jede Sprache einen eigenen Kosmos dar. Und es gibt so viele faszinierende<br />
Sprachen: Chinesisch, Hopi, Sanskrit, die Sprache der Mathematik,<br />
die Musik, die Taubstummensprache, die Blumensprache – und<br />
der Romantiker Novalis notierte sich einmal: »Langer Umgang lehrt einen<br />
die Gesichtssprache verstehn ... Man könnte die Augen ein Lichtklavier<br />
nennen.«<br />
�<br />
PS: Und was bedeutete das Rätselwort »Bekos« in Wirklichkeit?<br />
Nach 2500 Jahren wurde der wissenschaftliche Irrtum des Ägypterkönigs<br />
aufgeklärt: »He, heraus! Du Ziegen-Bock! Schneider, Schneider,<br />
meck, meck, meck!« höhnten Max und Moritz. Das angebliche »Urwort«<br />
war vermutlich nichts als das Echo einer meckernden Geiß.<br />
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