Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ar? Jedem Dummschwätzer ins Gesicht rülpsen, jedem knackigen<br />
Hintern an die Wäsche gehen und auf die ganze unbehagliche Kultur<br />
pfeifen? Einmal bei »McDonald's« essen? Doch, das wäre geil, verdammt<br />
geil, superaffentittengeil. Und wenn dann jemand käme und<br />
den Zeigefinger höbe: »Wie kann man sich nur so gehen lassen! Und<br />
dabei habe ich Sie immer <strong>für</strong> einen so gebildeten Menschen gehalten«,<br />
dann würden wir nur verächtlich grunzen: »Einbildung ist auch 'ne Bildung.«<br />
In der Tat gibt es eine weise Unwissenheit und eine Pseudo-Bildung,<br />
deren Dummheit zum Himmel doziert. Vorzeigbare Bildung ist immer<br />
auch ein Statussymbol gewesen. Für die oberen Zehntausend, die sich<br />
Bücher und Privatlehrer leisten konnten, diente sie als Ausweis der eigenen<br />
Vortrefflichkeit und als Barriere nach unten, wo der Pöbel in der<br />
Nase bohrte. Das idealistische Ziel der Bildung, »besser zu werden«,<br />
wurde pervertiert. Der Bildungsstreber wollte und will »etwas Besseres<br />
sein«. Früher protzte er – sapienti sat – mit lateinischen Floskeln, heute<br />
mit dem globalen cyberspeak, er wirft mit Zitaten französischer Modedenker<br />
um sich und kultiviert – bevorzugt im deutschen Feuilleton –<br />
einen Schreibstil, dessen Hauptzweck nicht Klarheit ist, sondern die<br />
Verbreitung eines bestimmten intellektuellen Stallgeruchs. Nicht ohne<br />
eigenes Verschulden ist die Bildung in einen Dunstkreis von oberlehrerhafter<br />
Arroganz geraten.<br />
�<br />
Und deshalb hat man den muffig riechenden Begriff »Bildung« flugs<br />
durch einen unverbrauchten, unverdächtigen ersetzt: »Information«.<br />
Information hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Bildung – das lateinische<br />
informare bedeutet »gestalten, bilden, unterrichten« –, doch ihr Image<br />
ist völlig anders. Sie ist quasi die moderne, demokratisch gesinnte<br />
Schwester der Bildung: jung, putzmunter und zu allen Schandtaten bereit.<br />
Das klassische Medium der Bildung ist – oder vielmehr war – der<br />
Mentor, der väterliche Begleiter, der mit Fingerspitzengefühl und Stren-<br />
– 147 –