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Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf

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Apropos 007: In jedem Bond-Film gibt es Überraschungseffekte:<br />

neue Geheimwaffen und knackfrische Bond-Girls, das Strickmuster<br />

aber ist immer gleich. Bond reagiert wie ein Pawlowscher Hund. Jede<br />

attraktive Frau löst den Flirt-Reflex aus, jede Bedrohung den eiskalten<br />

Konter. Ist Bond, der Verteidiger der westlichen Freiheit, als Mensch in<br />

seiner Rolle gefangen? Ein Bond, der plötzlich auf die Idee käme, in die<br />

Kommunistische Partei einzutreten, wäre absurd. Genauso sinnlos wäre<br />

es, wenn er bei jedem Rendezvous exakt dieselben Sprüche vom Stapel<br />

lassen würde. Wir wollen einen Bond, den wir wiedererkennen, der<br />

aber immer auch leicht variiert. Er darf sich weder nach dem Zufallsprinzip<br />

noch allzu stereotyp verhalten. Wir lieben bei Bond, wie bei<br />

unseren Freunden aus Fleisch und Blut, den Wechsel im Gleichen.<br />

Aber damit ist die Frage noch nicht beantwortet: Ist Bond ein Gefangener<br />

seiner Rolle? Ich denke, nicht mehr als jeder Normalsterbliche.<br />

Wenn mich jemand über Wochen beobachten würde, könnte er auch<br />

in meinem Leben diverse Strickmuster erkennen. So kann ich nicht an<br />

der »Bücherkiste« vorbeifahren, ohne wenigstens das <strong>Philosophie</strong>-Regal<br />

durchforstet zu haben. Auch der Flirt-Reflex ist rudimentär vorhanden.<br />

Der Beobachter könnte mein Verhalten also in vielen Situationen erfolgreich<br />

vorhersagen. Er könnte Gesetze formulieren, nach denen ich<br />

mich richte (»Immer wenn Herr M. am Antiquariat »Bücherkiste« vorbeikommt,<br />

geht er hinein.«), und vermuten, ich sei eine Art bibliomaner<br />

(und gynäkotroper) Automat.<br />

Aber selbst wenn ich von außen so wirke, bin ich deshalb etwa unfrei<br />

im Innern? Ich stöbere doch aus freiem Entschluss in der »Bücherkiste«.<br />

Ich selbst habe mir dieses »Gesetz« gegeben. Ja, dieses »Gesetz« bin ich,<br />

es ist Teil meiner Persönlichkeit und geradezu ein Ausdruck meiner<br />

Freiheit.<br />

Eine Ursache <strong>für</strong> den ewigen Streit um Freiheit und Determiniertheit<br />

dürfte in der Doppelbedeutung des Wortes »Gesetz« liegen. Ein Gesetz,<br />

wie es vom Bundestag erlassen wird, schreibt etwas vor oder verbietet<br />

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