Moser, Friedhelm - Kleine Philosophie für Nichtphilosophen.pdf
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mir die Stammkunden des Ballermann-Bordells.<br />
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Reiselust ist folglich weder eine Tugend noch der Schlüssel zum<br />
Glück. Gleichwohl haben die Weisen der Welt die Strapazen der Straße<br />
immer wieder gern auf sich genommen. Die Sophisten, Giordano Bruno,<br />
Descartes, Leibniz, Wittgenstein – das Register der weit gereisten<br />
Philosophen ließe sich beliebig erweitern. Ja, die Unrast des Wanderers<br />
ist geradezu ein Wesenszug der <strong>Philosophie</strong>. Da der Philosoph alles Lebensnotwendige<br />
bei sich hat, kann er sich überall zu Hause fühlen und<br />
wie Diogenes, nach seiner Heimatstadt gefragt, zur Antwort geben:<br />
»Ich bin ein Weltbürger, ein kosmopolítes.«<br />
Noch radikaler formuliert es der indische Prinz Siddhartha: »Eng ist<br />
das Leben in der Häuslichkeit, dieser Stätte der Unreinheit, die Heimat<br />
des Bettelmönchs ist der freie Himmelsraum. Nicht leicht ist es <strong>für</strong> den<br />
Hausbesitzer, den vollendeten, völlig reinen, vollkommenen Wandel<br />
der Heiligkeit zu führen. Ich will mir Haar und Bart scheren, die gelben<br />
Gewänder eines Wandermönchs anlegen und aus dem häuslichen<br />
Leben in die Hauslosigkeit ziehen.«<br />
Wer nur ein Zimmer hat, wünscht sich eine kleine Wohnung; wer<br />
eine Wohnung hat, wünscht sich ein Haus; wer ein Haus hat, wünscht<br />
sich einen Zweitwohnsitz, eine Datscha, ein Schloss. Aber selbst der<br />
märchenhafte Palast von Kapilavatthu war eine Hundehütte, verglichen<br />
mit dem Sternenzelt. Prinz Siddhartha machte sich auf den langen Weg<br />
zur Buddhaschaft, und der Weg war das Ziel.<br />
Auch die anderen großen Religionsstifter verkrochen sich nicht hinterm<br />
Ofen. Jesus wanderte predigend und heilend durch Palästina. Der<br />
Apostel Paulus unternahm drei beschwerliche und gefährliche Missionsreisen<br />
durch den Osten des Römischen Reiches. Mohammed war<br />
vor seiner Berufung zum Propheten weit herumgekommen und erreichte<br />
den Durchbruch <strong>für</strong> seine Religion nicht zu Hause in Mekka –<br />
der Prophet im eigenen Lande kann von Glück sagen, wenn er mit heiler<br />
Haut davonkommt –, sondern an seinem Zufluchtsort Medina.<br />
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